Zahlen & Geschichte

Jacques Dubochet: Humorvoller Legastheniker, Biophysiker, Nobelpreisträger!

Collage: Fotografie von Jacques Dubochet, elektronenmikroskopisches Bild von Viren in Pink und Violett

Jacques Dubochet und eine hochaufgelöste Abbildung von Coronaviren mit Kryo-Elektronentomographie. Bilder: Félix Imhof ©UNIL, CC BY-SA 4.0; https://nanographics.at/projects/coronavirus-3d/, CC BY 4.0

Die Schulkarriere Dubochets begann wegen seiner Legasthenie nicht unbedingt vielversprechend – doch seinem Forschergeist tat dies keinen Abbruch. Sein humorvoller Lebenslauf, der auf der Website der Universität Lausanne publiziert war, wurde nach der Nobelpreisverleihung weltberühmt. Und wusstest du, dass er danach einen persönlichen Fahrradabstellplatz an der Universität Lausanne erhielt?

Schweizer Chemie-Nobelpreisträger

Eine Artikelserie in Zusammenarbeit mit youngSCS, dem Netzwerk junger Chemikerinnen und Chemiker in der Schweiz.

Alfred Werner | Paul Karrer | Vladimir Prelog | Richard Ernst | Jacques Dubochet

Jacques Dubochet wurde 1941 in Aigle im Kanton Waadt geboren. Er studierte Physik an der EPF Lausanne (EPFL) und Molekularbiologie an der Universität Genf. Als Biophysiker kombinierte er beide Fachgebiete und spezialisierte sich an den Universitäten Genf und Basel auf elektronenmikroskopische DNA-Studien. Als Gruppenleiter in Heidelberg untersuchte er den Umgang mit Wasser in der Elektronenmikroskopie, was zur Erfindung der Kryo-Elektronenmikroskopie führte. Dubochet wurde 1987 als Professor an die Universität Lausanne (UNIL) berufen, wo er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2007 blieb. Er hat zwei Kinder, ist politisch aktiv und ein Aktivist für den Klimaschutz.

„Vitrifikation“ als Alternative zum Gefrieren

Im Jahr 2017 erhielt Jacques Dubochet gemeinsam mit Joachim Frank und Richard Henderson den Nobelpreis für Chemie für die Entwicklung der Kryo-Elektronenmikroskopie zur hochauflösenden Strukturaufklärung von Biomolekülen in Lösung. Zu diesem Thema muss man wissen, dass die hochauflösenden Bilder des Elektronenmikroskops erzeugt werden, indem die Wechselwirkung einer Probe mit einem Elektronenstrahl untersucht wird. Allerdings arbeiten Elektronenmikroskope unter Hochvakuum, was dazu führt, dass das Wasser in den Proben verdunstet. Wenn die Forscher versuchten, den Proben das Wasser zu entziehen oder es zu gefrieren, wurden die Proben beschädigt. Dubochet und seine Kollegen führten daraufhin eine ultraschnelle Gefriermethode ein, die Vitrifikation. Dabei entstehen keine gewöhnlichen Eiskristalle, sondern die Probe erstarrt in einem amorphen Zustand, also glasartig und ohne Kristalle. So wird die Untersuchung biologischer Materialien mit einem Elektronenmikroskop ermöglicht.

Eine Methode mit viel Potenzial

Mit der Kryo-Elektronenmikroskopie kann unter anderem die Struktur von Viren, Proteinkomplexen oder DNA mit sehr hoher Auflösung bestimmt werden, ohne dass die Proben kristallisiert werden müssen. In der Pharmaindustrie sind die mit Hilfe dieser Technik gewonnenen Erkenntnisse wichtig für den Prozess der Arzneimittelentwicklung. Im Jahr 2021 wurde von den Institutionen UNIL, EPFL und Universität Genf das Dubochet Center for Imaging (DCI) gegründet, das nur wenige Wochen später das erste detaillierte Bild der COVID-19-Omikron-Variante lieferte. Dieses interdisziplinäre Projekt ist ein schönes Beispiel dafür, wie moderne bildgebende Verfahren uns helfen können, Lösungen für dringliche Probleme zu finden, indem sie detaillierte Bilder chemischer und molekularbiologischer Systeme liefern.

Text: Eva Vandaele (Übersetzung Marie-Désirée Schlemper-Scheidt), Redaktion SimplyScience.ch
Jacques Dubochet Biographical: https://www.nobelprize.org/prizes/chemistry/2017/dubochet/biographical/

Erstellt: 16.09.2024
Mehr