„Uralte“ Lebewesen
Was haben Ginkgobäume, Quastenflosser und Schnabeltiere gemeinsam? Sie leben alle schon seit Jahrmillionen auf der Erde, und ihre Gestalt hat sich seit ihrem ersten Auftreten kaum verändert. Früher wurden solche Tier- und Pflanzenarten als „lebende Fossilien“ bezeichnet. Der Begriff ist etwas widersprüchlich, denn schliesslich kann etwas, das schon lange tot und ein Fossil ist, nicht lebendig sein. Der Begriff wurde von Charles Darwin geprägt, der als Vater der Evolutionstheorie gilt, und weist darauf hin, dass es sich um etwas Uraltes handelt. Heute spricht man lieber von Reliktarten, also Arten, die „Überbleibsel“ aus früheren Zeiten sind.
Vielfalt durch Veränderung
Im Laufe der Erdgeschichte lebte eine unglaublich grosse Anzahl von verschiedenen Lebewesen auf unserem Planeten. Arten entstanden, lebten, veränderten sich und wurden zu neuen Arten. Oder sie starben wieder aus, wie etwa die meisten Dinosaurier. Die Forschung vermutet, dass die wenigsten Tier- und Pflanzenarten länger als einige Millionen Jahre existiert haben. Die Umwelt verändert sich fortlaufend, und alle lebenden Arten müssen sich ihre Nische ständig neu schaffen und sich den Gegebenheiten anpassen, um zu überleben – das ist der Lauf der Evolution. Gelingt dies einer Art nicht, ist sie meist zum Aussterben verurteilt.
Sich vor der Evolution verstecken
Doch bei einigen wenigen Arten, eben den Reliktarten, scheint die Evolution stehengeblieben zu sein. Diese Arten existieren schon seit mehreren 10 oder 100 Millionen Jahren, ohne dass sich ihr Körperbauplan gross von dem ihrer Urahnen unterscheidet. Sie haben oft ursprüngliche, evolutionär ältere und weniger komplexe Merkmale, und manche von ihnen gelten als Mosaikformen (siehe dazu auch Archaeopteryx und Schnabeltier – Mosaikstücke der Evolution). Meistens kommen sie heute nur noch in einigen kleinen Gebieten auf der Erde vor, waren früher aber einmal weit verbreitet und sind gut als Fossilien und Versteinerungen bekannt. Manche Arten hielt man für ausgestorben, bis überraschenderweise noch lebende Exemplare entdeckt wurden.
Wie wird man zum „Oldtimer“?
Doch wie schafften es diese „Oldtimer“, nicht aus dem Verkehr gezogen zu werden? Die Wissenschaft vermutet, dass dies mit ihrem Lebensraum zu tun hat. Reliktarten überdauerten oftmals in abgelegenen und eher ungestörten Regionen (wie etwa der Tiefsee oder dem Regenwald). Sie konnten sich bestens an ihre relativ stabile Umwelt anpassen und werden nicht zur raschen Weiterentwicklung gezwungen. Ausserdem kommen Reliktarten oft in extremen Umgebungen vor, in denen andere Tiere und Pflanzen nur schwer überleben können – sie haben also nicht so viele Konkurrenten. Wahrscheinlich hilft es diesen „Urarten“ auch, dass sie meistens nicht allzu spezialisiert sind. Wenn zum Beispiel ihre Lieblingsnahrung verschwindet, fressen sie einfach etwas anderes. So kommen sie gut mit Veränderungen in der Umwelt zurecht, ohne sich stark anpassen zu müssen.