Erde & Umwelt

Archaeopteryx und Schnabeltier – Mosaikstücke der Evolution

Archaeopteryx Fossil und Modell

Anhand der Fossilfunde könnte der Urvogel Archaeopteryx etwa so ausgesehen haben. Er war zwar nur etwa so gross wie eine Krähe, doch ist er von unschätzbarem Wert für die Evolutionstheorie. Bild links: H. Raab/Wikimedia Commons, CC-Lizenz. Bild rechts: NobuTamura/Wikimedia Commons, CC-Lizenz

Mosaikformen sind Tier- oder Pflanzenarten, die Merkmale von zwei verschiedenen Organismengruppen zeigen, wie etwa der Urvogel Archaeopteryx oder das heute noch lebende Schnabeltier.

Halb Vogel, halb Dino

Wie eine Mischung aus Vogel und Dinosaurier sieht er aus, der berühmte Urvogel Archaeopteryx. Zwar ist er heute ausgestorben, doch in den erhaltenen Fossilien erkennt man ihn mit Flügeln und Federn, mit Zähnen, Krallen und einem Echsenschwanz – halb Dinosaurier und halb Vogel. Lebewesen, die wie der Archaeopteryx Merkmale von zwei verschiedenen Organismengruppen zeigen, nennt man Mosaikformen (auch als Zwischenformen oder Brückentiere bekannt). Die zwei Gruppen sind dabei stammesgeschichtlich unterschiedlich alt (zum Beispiel Dinosaurier und Vögel). Mosaikformen sind also Bindeglieder zwischen zwei völlig verschiedenen Arten und zeigen den „Weg“ der Evolution. Sie sind unglaublich wichtige Belege für die Evolutionstheorie, die besagt, dass neue Arten aus bestehenden Arten entstehen – durch schrittweise Veränderung von Merkmalen über einen sehr langen Zeitraum hinweg.

Archaeopteryx, Darwin und die Entstehung der Vögel

Im Jahre 1861 wurde das erste vollständige Skelett eines Archaeopteryx gefunden. Zwei Jahre zuvor hatte der berühmte Wissenschaftler Charles Darwin mit seiner Schrift „Über die Entstehung der Arten“ die Evolutionstheorie begründet. Darwin sagte darin unter anderem voraus, dass es bei der Entstehung neuer Arten Übergangsformen gegeben haben müsse – allerdings ohne dass bereits ein solches Fossil bekannt war. Der Archaeopteryx-Fund zwei Jahre später bestätigte seine Theorie und zeigt ausserdem, dass die Vorfahren der heutigen Vögel Dinosaurier waren, vermutlich kleine, befiederte Raubsaurier. Tatsächlich sind nicht alle Dinosaurier ausgestorben: Einige haben überlebt und sich zu den heutigen Vögeln weiterentwickelt.

Vom Fisch zum Landtier

Weitere Funde von Mosaikform-Fossilien helfen den Wissenschaftlern, das Rätsel der Artentstehung zu lüften. Der Ichthyostega zum Beispiel gilt als das älteste bekannte Landwirbeltier und scheint ein Bindeglied zwischen Fischen und Amphibien zu sein. Noch etwas „älter“ als der Ichthyostega ist der Tiktaalik, ein Knochenfisch mit Merkmalen von Amphibien, der aber noch im Wasser gelebt hat. Ein weiteres berühmtes Brückentier auf dem Weg vom Wasser an Land ist der Quastenflosser. Berühmt ist er vor allem deshalb, weil er heute noch lebt – er gilt als Reliktart. Seine Stellung als direkter Vorfahre der Vierbeiner hat er allerdings eingebüsst (siehe auch Was erzählen uns Fossilien?).

Das Schnabeltier vereint Merkmale von Säugetieren, Reptilien und Vögel in sich

Das Schnabeltier vereint Merkmale von Säugetieren, Reptilien und Vögel in sich – und es hat bis heute überlebt. Bild: Stefan Kraft/Wikimedia Commons, CC-Lizenz

Das Schnabeltier – eine kuriose, höchst lebendige Mosaikform

Mosaikformen sind nicht immer ausgestorben und nur noch als Fossilien erhalten. Wie der Quastenflosser leben einige heute noch – so auch das Schnabeltier, ein Brückentier zwischen Säugern, Reptilien und Vögeln, das ebenfalls als lebendes Fossil gilt. Es gehört zu den Kloakentieren und zeigt Merkmale von Säugetieren wie Milchdrüsen, Körperbehaarung, Gehörknöchelchen und eine gleichbleibende Körpertemperatur. Im Gegensatz zu anderen Säugern legt das Schnabeltier aber Eier, hat mit der Kloake einen einzigen Ausgang für die Geschlechtsorgane und die Ausscheidungsorgane und hat einen schnabelartigen Kiefer – wie viele Reptilien und Vögel.

Wo verstecken sich die „Missing Links“?

Arten können sich aufspalten und in verschiedene Richtungen weiterentwickeln, denn die Evolution verläuft nicht geradlinig. Darum gibt es auch nicht nur EIN Brückentier zwischen zwei Organismengruppen, sondern mehrere verschiedene. Viele davon werden nie entdeckt werden, da nur ein kleiner Bruchteil aller Tiere als Fossil erhalten bleibt (siehe auch Wie entstehen Fossilien?). Solche (noch) unentdeckten Übergangsformen, die aber aufgrund der Evolutionsgeschichte einmal existiert haben müssten, werden „Missing Link“ (auf Deutsch „fehlende Verbindungen“) genannt.

Zusammengefasst kann man also sagen, dass Mosaikformen Lebewesen sind, die Merkmale von evolutionär verschieden alten Organismengruppen vereinen.

Mosaikformen sind ganz „normale“ Tiere und Pflanzen

Wissenschaftler haben die Lebewesen anhand verschiedener Merkmale in Gruppen wie Arten, Gattungen, Familien, usw. unterteilt, was vor allem den Studien der Biodiversität und der Erhaltung der Arten dient. So ist auch die Bezeichnung Brückentier, Mosaikform oder Zwischenform vom Menschen eingeführt worden, um bestimmte Lebewesen, die Merkmale zwei klar definierter und unterschiedlich alter Gruppen tragen, zu beschreiben. Diese Bezeichnungen könnten den Eindruck erwecken, dass es sich hier um „nicht ausgereifte“ Lebewesen handelt. Als Brückentiere bezeichnete Tiere  entstanden aber wie alle anderen Lebewesen im Laufe der Evolution und waren oder sind in keiner Weise weniger lebensfähig als Lebewesen, die nicht diese Bezeichnung tragen. Die Evolution verläuft kontinuierlich und alle Lebewesen  sind in gewisser Hinsicht Zwischenformen.

Zuletzt geändert: 03.06.2024
Erstellt: 01.11.2013
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