Tiere & Pflanzen

Die Geschichte der Säugetiere im Jura

Foto von Kühen auf einer Weide im Jura-Gebiet

Die Landschaft des Jura bestand nicht immer aus sanften Hügeln mit weidenden Kühen. Viele andere Tiere lebten dort in den letzten Jahrmillionen in sehr unterschiedlichen Umgebungen. Bild: Pyc Assaut – stock.adobe.com

Tierarten entwickeln sich im Laufe der Zeit; ihr Aussehen verändert sich, sie bewegen sich aber auch über die Kontinente als Folge einschneidender Veränderungen des Klimas oder der Geografie bestimmter Regionen. Diese Wanderungen werden durch die im Jura gefundenen Fossilien sehr gut illustriert.

Weniger Dinosaurier, mehr Säugetiere

Das Schema zeigt die drei Perioden, die das Känozoikum bilden, und die Hauptgruppen von Arten, die in jeder Periode auftraten.

Das Känozoikum ist ein geologisches Zeitalter, das sich von vor 66 Millionen Jahren bis in die Gegenwart erstreckt. Es ist in drei Perioden unterteilt: das Paläogen, das Neogen und das Quartär. Bild: © Paléodyssée, 20 ans de recherches au fil de la Transjurane

Vor 66 Millionen Jahren verschwanden fast 75% aller Lebewesen auf der Erde, darunter auch die meisten Dinosaurier (Warum sind die Dinosaurier ausgestorben?). Dieses Massenaussterben markiert das Ende des Mesozoikums und den Beginn des Känozoikums. Känozoikum bedeutet wörtlich „neues Leben“ (vom griechischen kainos: neu und zôïkos: die Lebewesen betreffend). Diese geologische Epoche wird in drei Hauptperioden unterteilt: das Paläogen, das Neogen und das Quartär.

Als Folge des Verschwindens vieler Tierarten in dieser Zeit wurden sozusagen die Karten des Lebens neu ausgeteilt. An Land besetzen Landsäugetiere die nach dem Aussterben der Dinosaurier frei gewordenen Lebensräume. In der Luft folgten Vögel auf die Flugsaurier. Im Meer lösten Meeressäugetiere, die Walen und Delfinen ähnelten, die Ichthyosaurier und riesigen Mosasaurier ab.

Das Paläogen: Als die Nashörner in Europa ankamen

Paläogeographische Karte der Erde vor 45 Millionen Jahren

Paläogeographische Karte der Erde vor 45 Millionen Jahren. Bild: © JURASSICA

Paläogeographische Karte der Erde vor 34 Millionen Jahren

Paläogeographische Karte der Erde vor 34 Millionen Jahren. Bild: © JURASSICA

Vor 40 Millionen Jahren erlebte der Planet eine der heissesten und feuchtesten Perioden seiner Geschichte. Der Jura war von dichten tropischen Wäldern bedeckt, die vor allem von Primaten bewohnt wurden. In dieser Zeit trennte das Turgaimeer (das es heute nicht mehr gibt) Europa und Asien, und die De-Geer-Landbrücke, die zuvor Europa über Skandinavien mit Nordamerika verband, existierte nicht mehr. Dadurch war Europa vom Rest der Welt isoliert. Es entwickelte sich also eine Tierwelt mit einzigartigem Charakter!

Vor 34 Millionen Jahren brachte eine deutliche Abkühlung das Klima aus dem Gleichgewicht und führte zu einem allgemeinen Absinken des Meeresspiegels. Am Turgaimeer entstanden Landbrücken zwischen Europa und Asien. Neue Säugetierarten asiatischen Ursprungs, wie z.B. Nashörner, konnten sich in Europa ansiedeln und erneuerten die europäische Tierwelt. Dieses Ereignis wird als „Grande Coupure“ („Grosser Schnitt“) bezeichnet. Obwohl sie heute praktisch ausgestorben sind, waren Nashörner in den letzten 40 Millionen Jahren der Erdgeschichte eine sehr vielfältige Gruppe von Säugetieren.

Molassitherium delemontense: ein Jura-Nashorn

Foto eines Schädels von Molassitherium delemontense

Schädel von Molassitherium delemontense, entdeckt in Courrendlin im Jura. Bild: © Stemutz – JURASSICA

So wurde 2007 im Molassesand des Tals von Delémont ein fast 30 Millionen Jahre alter Nashornschädel gefunden. Dieses Exemplar ist einzigartig in seinen primitiven Merkmalen, wie z.B. dem Fehlen von Hörnern, und es ist sehr gut erhalten. Der Schädel gehört ausserdem zu einer bisher unbekannten Nashornart. Die Art erhielt den Namen Molassitherium delemontense, wörtlich übersetzt „das Tier der Molasseablagerungen aus Delémont“. Es handelt sich um eine der ersten Nashornarten, die nach Europa kam.

Das Neogen: Elefanten und ein kleines Pferd besiedeln Europa

Paläogeographische Karte der Welt vor 18 Millionen Jahren

Paläogeographische Karte der Erde vor 18 Millionen Jahren. Bild: © JURASSICA

Paläogeographische Karte der Welt vor 10 Millionen Jahren

Paläogeographische Karte der Erde vor 10 Millionen Jahren. Bild: © JURASSICA

Vor 18 Millionen Jahren wurde das Klima heiss und trocken und verwandelte die bewaldeten Regionen des Jura in eine Landschaft, die den heutigen afrikanischen Savannen ähnelt. Durch die Drehung der arabischen Kontinentalplatte entstanden die Umrisse des Mittelmeers sowie eine Landpassage zwischen Afrika und Europa, was die Bewegung vieler Tiere von einem Kontinent zum anderen ermöglichte.

So kam von Afrika her die Familie der Elefanten nach Europa, darunter das berühmte Deinotherium (griechisch: „schreckliches Tier“), ein Cousin der heutigen Elefanten. Diese Migrationen werden als „Proboscidean datum event“ bezeichnet.

Später, vor etwas mehr als 10 Millionen Jahren, schloss sich die Beringstrasse zwischen Nordamerika und Ostasien. Diese Zeit ermöglichte es dem Hipparion, einem kleinen nordamerikanischen Pferd mit drei Zehen (oder Tridactylus), Asien und Europa und sogar Nordafrika zu besiedeln. Diese Migration wird als Hipparion Datum Event bezeichnet. Das Hipparion verschwand am Ende des Neogens und machte Platz für die Einfingerpferde oder Monodaktylen, die wir heute noch kennen.

Das Quartär: Die grossen Säugetiere verschwinden

Vor 2.6 Millionen Jahren kühlte sich die Erde stark ab. Dies war der Beginn des Quartärs mit seinem Wechsel von Eiszeiten und gemässigten Perioden. Im Jura geben uns Fossilien Hinweise auf die Lebensbedingungen vor 80’000 bis vor 30’000 Jahren. Wir befinden uns also mitten in der Eiszeit: Die Landschaft des Jura bestand aus weiten Flächen mit niedriger Vegetation und hohem Gras, teilweise mit Büschen, Zwergsträuchern und verstreuten Bäumen durchsetzt. Diese Umgebung, die als Steppen-Tundra bezeichnet wird, war ideal für Mammuts und andere grosse Säugetiere, die an das kalte Klima angepasst waren (Mammuts: Die Eisriesen). Mit dem Ende der Eiszeit und der Erwärmung des Klimas verschwanden die großen Säugetiere schließlich aus der Region: die Nashörner vor ca. 16’000 Jahren, gefolgt von den Mammuts vor ca. 10’000 Jahren.

Text: JURASSICA und Redaktion SimplyScience.ch

Quellen:
(1) Paratte, G.; Friedli, V. et Comment, G. (2019). PaléOdyssée - 20 ans de recherches au fil de la Transjurane. Office de la culture et Société jurassienne d'émulation, Porrentruy.
(2) Becker, D. et Rauber, G. (2007). Equisse de l’histoire des mammifères et gisements fossilifères de Suisse. Bulletin de la Société neuchâteloise des sciences naturelles, 130: 5–48.

Erstellt: 29.07.2024
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