Das Thema meiner Maturaarbeit waren Hydra viridissima und ein bestimmter Typ von antimikrobiellen Peptiden, die Arminine – um genauer zu sein, das Arminin 407. Hydra ist ein kleiner Süsswasserpolyp, welcher auch hier in der Schweiz häufig in Teichen vorkommt. Ausserdem wird dieser Polyp auf seiner Oberfläche von Bakterien besiedelt, wobei jede verschiedene Hydra-Art ihre ganz spezifische Bakterienbesiedlung besitzt. Diese Symbiose geht Hydra deshalb ein, weil sie somit von verschiedenen Vorteilen profitieren kann. Dies ist auch der Grund, wieso Hydra das Interesse pflegt, diese Bakterienbesiedlung konstant und spezifisch beizubehalten. Forscher vermuten, dass die Arminine, auch das Arminin 407, bei H. viridissima genau dazu dienen: die Bakterienbesiedlung auf der Hydra konstant gleich beizubehalten.
In meiner Arbeit über den Einfluss verschiedener Faktoren auf die Genexpression des Arminins 407 bei Hydra viridissima konnte unter anderem bestätigt werden, dass das Arminin 407 wahrscheinlich tatsächlich antibakterielle Wirkungen aufweist und zur Konstanthaltung der Bakterienbesiedlung auf der Hydra beiträgt. Diese Resultate zeigen somit indirekt, dass in einem kurzen Protein, welches bei einem kleinen Süsswasserpolypen vorkommt, tatsächlich in weiter Ferne das Potenzial für ein für uns nützliches Antibiotikum versteckt sein könnte. Wer hätte das gedacht!
Ausserdem konnte allgemein durch die Reaktion der Genexpression des Arminins 407 auf die verschiedenen Veränderungen in der Umwelt ein breiteres Verständnis der Funktion des Arminins 407 und der Hydra-Biologie gewonnen werden. Dieses breitere Verständnis konnte nur durch Anwendung verschiedener molekularbiologischen Verfahren und Techniken erlangt werden. Um diese Verfahren und Techniken jedoch anwenden zu können, musste ich mehrere Kits mit verschiedenen biochemischen Stoffen beschaffen, wobei mich SimplyScience grosszügig unterstützt hat.
Nachdem meine Maturaarbeit fertiggestellt war, reichte ich diese bei Schweizer Jugend forscht ein. Meine Arbeit wurde daraufhin für den Selektionsworkshop, welcher in Bern stattfand, ausgewählt. Während des Workshops konnte ich viele neue spannende Menschen kennenlernen. Auch die Arbeiten, welche zu diesem Workshop zugelassen wurden, waren für mich sehr inspirierend und interessant. Jeder und jede musste diese vor einer 8-köpfigen Jury und anderen sieben Teilnehmern präsentieren. Nach dem Selektionsworkshop wurde eine weitere engere Selektion von Schweizer Jugend forscht durchgeführt, die entscheiden sollte, wer ans Finale darf und wer nicht. Meine Arbeit hatte das Glück durchzukommen. Jeder, der ans Finale durfte, bekam einen Experten zugewiesen. Mein Experte war Leiter eines Forschungsteam am FMI (Friedrich Miescher Institute for Biomedical Research), welches sich intensiv mit verschiedenen Hydren befasst – also, kurz gesagt, ein Spezialist im Gebiet Hydra-Biologie. Von ihm durfte ich sehr viele neue Dinge lernen. Er zeigte mir zum Beispiel, wie sich biologische Bilder quantitativ mit einer Software auswerten lassen. Aber auch andere Informationen, wie neue für meine Arbeit relevante Datenbanken, liess er mir zukommen.
Als dann meine Arbeit überarbeitet war, ging es ans Finale. Ich durfte drei unfassbar spannende Tage an der HSG in St. Gallen verbringen und auch dort wieder sehr viele neue und erstaunliche Arbeiten und Menschen kennenlernen. Eine tolle Erfahrung! Meine Arbeit wurde schlussendlich am letzten Tag des Finales mit dem Prädikat hervorragend bewertet. Zusätzlich durfte ich noch zwei Sonderpreise von Schweizer Jugend forscht annehmen. Erstens wurde ich eingeladen, an einem zweiwöchigen Wissenschaftssommercamp in London teilzunehmen (LIYSF), wo ich unter anderem die einmalige Chance haben werde, den Nobelpreisträger Ben Feringa kennenzulernen. Zweitens wurde ich eingeladen, beim zweitägigen Annual Meeting des grössten Schweizer Netzwerk für Biowissenschaften (LS2) in Zürich dabei zu sein. Vor kurzem erhielt ich sogar die Möglichkeit, meine Arbeit in einer wissenschaftlichen Zeitschrift (Junge Wissenschaft) richtig als wissenschaftliche Arbeit zu publizieren, wobei die Publikationskosten völlig von der Zeitschrift gedeckt wären.
Zum Schluss kann ich nur sagen, harte Arbeit zahlt sich aus!
Einfluss verschiedener Faktoren auf die Expression des Arminins 407 bei Hydra viridissima
eingereicht von Cristiano Pereira Goncalves (Churwalden, GR) beim Nationalen Wettbewerb 2023 von Schweizer Jugend forscht
Abstract
Antibiotika werden ein immer ineffizienteres Bekämpfungsmittel gegen Bakterien. Sogenannte antimikrobielle Peptide (AMPs) sind eine weitere Art, um Bakterien zu bekämpfen. Genau diese Art von Bekämpfung benutzt wahrscheinlich auch Hydra viridissima. In dieser Arbeit wurde das Expressionsprofil des Arminins 407 (AMP) von drei Gruppen Hydren, die verschiedenen Bedingungen unterlagen, betrachtet. Vor allem auffallend ergab sich, dass Hydren, die für 27 Stunden in Kontakt mit E. coli Bakterien kamen, eine um den Faktor 13.4 erhöhte Arminin Expression aufwiesen. Dies deutet darauf hin, dass dieses Arminin 407 tatsächlich antibakterielle Wirkungen aufzeigt.
Fragestellung
Die konkrete Fragestellung, welcher nachgegangen wurde, ist die Bestimmung der Genexpression des Arminins 407 bei H. viridissima unter verschiedenen Umweltbedingungen. Zusammengefasst wurde analysiert, wie stark das Arminin 407, ein Peptid, bei welchem die Funktion noch nicht ganz klar ist, von H. viridissima produziert wird, wenn man Hydra unter verschiedene Umweltbedingungen setzt, um dann Schlussfolgerungen auf die Funktion ziehen zu können.
Methodik
Die drei Umweltbedingungen, die untersucht wurden, sind einmal das Unterstellen eines Hitzeschocks von 28 °C, dann das Zuführen von E. coli Bakterien und das Umtauschen des ursprünglichen Teichwassers mit fremdem. Bei diesen Untersuchungen wurde jeweils noch eine Kontrollprobe unter Normalbedingungen parallel mitgeführt, um später einen genauen Vergleich zwischen den Proben machen zu können. Die technische Ermittlung der Genexpression startete direkt, nachdem die Zeit unter den veränderten Umweltbedingungen verstrichen war, mit einer RNA-Extraktion, dann wurde daraus cDNA synthetisiert, danach wurden PCR-Tests durchgeführt und anschliessend wurde eine Gelelektrophorese durchgeführt, wobei auch noch Bilder der Gele gemacht wurden. Zur zahlenmässigen Quantifizierung der Expressionsprofile wurde mittels der Software Fiji, die Lichtstärke der Gelelektrophoresen gemessen und miteinander verglichen.
Ergebnisse
Dabei kam heraus, dass die Hydren, die unter Hitzeschock standen, ihre Arminin 407 Expression komplett eingestellt haben. Bei der zeitgleich erstellten Kontrollprobe unter Normalbedingungen konnte eine gewöhnliche Arminin 407 Expression festgestellt werden. Bei den Hydren, die mittels Flüssigkultur in Kontakt mit Bakterien kamen, konnte gezeigt werden, dass diese Hydren ihre Arminin 407 Expression ca. um den Faktor 13.4 erhöht hatten im Vergleich zur Kontrollprobe. Auch bei der Teichwasserprobe konnten ähnliche Ergebnisse festgestellt werden, jedoch wurde bei diesen Hydren nur ca. eine Erhöhung um den Faktor 3.3 nachgewiesen im Vergleich zur Kontrollprobe.
Diskussion
Da beim Hitzeschockexperiment der einzige Unterschied zwischen den zwei Proben die Hitze war, muss das auch der Grund für das Einstellen der Expression unter Hitzeschock sein. Wieso Hydren unter Hitzeschock ihre Arminin 407 Expression einstellen, lässt sich nur hypothetisch beantworten. Zum Beispiel könnte es sein, dass sich Hydra während eines Hitzeschocks auf wichtigere Funktionen fokussiert, wie das Exprimieren von Hitzeschockproteinen, um den Hitzeschock zu überstehen. Beim Bakterien- und Teichwasserexperiment ist die Argumentation ähnlich. Auch hier muss der Grund für die Veränderung des Expressionsprofils (hier Erhöhung) die Veränderung der Umwelt sein. Aus dieser Erkenntnis heraus könnte man vermutlich sogar davon ausgehen, dass dieses Arminin 407 tatsächlich antimikrobielle Wirkungen besitzt. Einerseits weil es beim Zuführen von Bakterien erhöht exprimiert wurde, wahrscheinlich als Schutzmechanismus, um sich vor den Bakterien zu schützen, andererseits aber auch weil es beim Umtauschen des Teichwassers zu einer erhöhten Expression gekommen ist. Dabei wurden wahrscheinlich auch andere Bakterien indirekt den Hydren zugeführt.
Schlussfolgerungen
Schlussfolgernd lässt sich sagen, dass man dem ursprünglichen Ziel, eine genauere Vorstellung über die Funktion dieses Arminins 407, schon um einiges näher gekommen ist. Nämlich hat sich gezeigt, dass dieses neuartige Peptid wahrscheinlich wirklich antimikrobielle Wirkungen gegen gewisse Bakterien zeigt. Jedoch muss man ergänzen, dass dieses Forschungsgebiet und auch diese Arbeit noch lange nicht «ausgeforscht» ist und man noch viele Dinge klären muss. Nur schon, um die Hypothese eindeutig zu beweisen, dass dieses Arminin 407 wirklich antibakteriell wirkt, vor allem auch gegen welche Bakterien und ob es eines Tages vielleicht sogar möglich wäre, dieses Peptid als eine Art Wirkstoff tatsächlich auch für den Menschen einzusetzen.
Quellen: Cristiano Pereira Goncalves
Schweizer Jugend forscht