Wir schreiben das Jahr 500 n. Chr.: Krankheiten werden im mittelalterlichen Europa oft als magischer Zauber oder Krankheitsdämon angesehen. Die heilsame Wirkung gewisser Kräuter ist jedoch eigentlich schon seit Tausenden von Jahren bekannt, und nachdem eine grosse Pestepidemie viele Menschen das Leben gekostet hat, erhalten die Klöster den Auftrag, sich der Krankenpflege zu widmen.
Innerhalb der Klostermauern entstehen Kräutergärten, die genutzt werden, um die zu dieser Zeit bekannten Medikamente herzustellen. Langsam entwickelt sich das Verständnis für Heilpflanzen und ihre Wirkungen weiter; die Anfänge der modernen Medizin liegen also in den Heilgärten der Klöster.
Die eigentlichen Wirkmechanismen der Heilkräuter blieben jedoch lange unerkannt und die vorhandenen Kenntnisse beruhten auf Beobachtung, Zufall und Erfahrung. Im 13. Jahrhundert vollzog sich ein Wechsel von der Klostermedizin zur Phytomedizin der Universitäten. In deren Forschungseinrichtungen befassten sich Mediziner intensiv mit dem Effekt von Heilkräutern auf den menschlichen Körper. Innerhalb der nächsten Jahrhunderte wurden viele Pflanzen und ihre medizinische Wirkung entdeckt und die Herstellung von Medikamenten vorangetrieben.
Auch heute noch werden Medikamente aus Pflanzenextrakten hergestellt
Es gibt viele Pflanzen, die seit Jahrhunderten für ihre medizinische Wirkung bekannt und heute noch immer in den Apotheken zu finden sind. So wurde Johanniskraut bereits im Jahre 795 gegen Melancholie gebraucht und heute noch als Medikament gegen depressive Verstimmungen verwendet.
Schlafmohn wurde im Mittelalter als schmerzstillendes Mittel bei Amputationen verwendet. Erst im Jahre 1806 gelang es dem Apotheker Friedrich Sertürner, den Wirkstoff Morphin aus dem getrockneten Milchsaft des Schlafmohns (auch Opium genannt) zu isolieren. Heutzutage wird das Medikament Morphin noch immer aus Schlafmohn gewonnen und dient der Behandlung starker Schmerzen. Das allseits bekannte Aspirin wiederum wird zwar synthetisch hergestellt, sein Wirkstoff Acetylsalicylsäure ist aber direkt von einem Inhaltsstoff der Weidenrinde abgeleitet.
Ein weiterer Naturstoff, welcher die Medizin revolutioniert hat, ist das Antibiotikum Penicillin. Penicillin ist das Stoffwechselprodukt eines Schimmelpilzes und besitzt eine antibakterielle Wirkung. Es wurde von dem Bakteriologen Alexander Fleming entdeckt und ebnete den Weg zur Entwicklung verschiedenster Antibiotika mit unterschiedlichen Wirkmechanismen.
Auch heutzutage werden noch immer Wirkstoffe aus der Natur erforscht und Medikamente daraus hergestellt. So wurde vor zwei Jahren Rosenwurz zur Linderung körperlicher und geistiger Symptome bei Stress und Überarbeitung auf dem Schweizerischen Markt eingeführt.
Modifizierte Naturstoffe zur Herstellung neuer Arzneimittel
Ein Forschungsschwerpunkt der Pharmaindustrie ist die Naturstoffforschung. In diesem Gebiet suchen Forscher nach Stoffen in Mikroorganismen, Pflanzen oder Tieren, welche das Potential für neue Wirkstoffe haben und zur Herstellung von Medikamenten genutzt werden könnten. Dies können spezielle chemische Verbindungen oder auch Proteine sein. Um zu verstehen, wie diese Substanzen entstehen, können Forscher zunächst das Genom des untersuchten Organismus sequenzieren (DNA-Sequenzierung). Wenn sie ein Gen identifiziert haben, das die Information für die Produktion eines potentiellen Wirkstoffs enthält, lesen sie Informationen des Gens und stellen das Protein in grossen Mengen her. Anschliessend werden die Eigenschaften des Proteins erforscht und geprüft, ob das produzierte Protein entweder selbst ein Wirkstoff werden kann oder im Stoffwechsel eine Rolle bei der Herstellung des Wirkstoffs spielt (zum Weiterlesen: Von der DNA zum Protein / So funktioniert eine Klonierung).
Wenn man einen aussichtsreichen Wirkstoffkandidaten (Protein) gefunden hat, wird dieses Protein weiter optimiert, um eine noch bessere Wirkung zu erzielen. Dies macht man, indem man die genetische Information (DNA) gezielt so verändert, dass man eine verbesserte Bauvorschrift für das Protein erhält. Durch diesen Prozess, welcher auch Mutagenese genannt wird, werden Moleküle mit Eigenschaften erzeugt, die in der Natur normalerweise nicht vorkommen. Auch Stoffwechsel-Proteine, die an der Herstellung von Wirkstoffen beteiligt sind, können auf diese Weise optimiert werden.
Die Pharmaindustrie arbeitet jährlich an Hunderten unterschiedlicher Moleküle, von denen aber nur ein kleiner Teil das Potential zu einem neuen Wirkstoff haben und zur Herstellung von neuen Medikamenten genutzt werden können.
Pflanzen, Pilze und Bakterien sind sehr klein und beinhalten nur geringe Menge an Wirkstoff. Um genügend Medikamente für Millionen von Menschen herzustellen, gibt es Techniken, mit welchen man die Wirkstoff-Ausbeute vermehren kann. Eine dieser Techniken ist das sogenannte Pharming.
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