Zellen & Moleküle

Gentechnisch veränderte Pflanzen

Keimlinge im Reagenzglas. Bild: CanStockPhoto

Gentechnische Methoden haben die Möglichkeiten der Pflanzenzucht in den letzten 30 Jahren kontinuierlich erweitert. War anfänglich vor allem davon die Rede, dass Gene von anderen Arten in Pflanzen eingeführt werden sollten, können heute präzise Punktmutationen vorgenommen werden, welche sich von natürlich vorkommenden genetischen Varianten nicht unterscheiden lassen.

Das Ziel der heutigen Pflanzenzucht unterscheidet sich nicht wesentlich von jenem der ersten Ackerbauern vor 10’000 Jahren. Damals wie heute wünscht man sich widerstandsfähige und ertragreiche Kulturpflanzen. Die Zuchtmethoden hingegen wurden laufend erweitert (Gentechnische Methoden – früher und heute).

Alte Ziele und neue Methoden

Im Erbgut von allen Lebewesen – auch bei Pflanzen – kommt es immer wieder zu natürlichen Veränderungen, sogenannten Mutationen. Diese Mutationen führen dazu, dass Pflanzen im Laufe der Zeit neue Eigenschaften erwerben oder alte verlieren. Seit jeher nutzt der Mensch diese natürlich auftretenden Mutationen und züchtet neue Sorten, indem er Pflanzen mit gewünschten Eigenschaften aussucht, vermehrt und mit anderen Pflanzen kreuzt. So stammen zum Beispiel alle unsere Getreide aus wilden Gräsern, oder die Zwetschge aus einer Kreuzung zwischen der Schlehe und der Kirschpflaume.

Die natürliche Veränderung des Erbguts ist ein sehr langsamer Prozess. Um ihn zu beschleunigen, wird das Pflanzensaatgut zum Teil mit Chemikalien oder Radioaktivität behandelt. Dadurch steigt die Frequenz von Mutationen und damit die Wahrscheinlichkeit, dass die Pflanzen neue, wünschenswerte Eigenschaften erwerben. Ein grosser Nachteil dieses Verfahrens ist, dass die Mutationen an zufälligen Orten im Erbgut entstehen.

Mit Hilfe der Gentechnik ist es heute möglich, gezielt Gene zu verändern und damit vorteilhafte Eigenschaften auf Pflanzen zu übertragen, um sie beispielsweise gegenüber einem bestimmten Insekt widerstandsfähig zu machen. Das übertragene Gen muss nicht unbedingt ein Gen aus einer anderen Pflanze sein, es kann auch aus einem Bakterium, Pilz, Virus oder Tier stammen. Dieses Einfügen artfremder Gene unterscheidet die grüne Gentechnik von herkömmlichen Zuchtmethoden.

1983 gelang die Züchtung der ersten gentechnisch veränderten (oder „transgenen“) Pflanze. Heute, fast dreissig Jahre später, gibt es von vielen wichtigen Kulturpflanzen auch transgene Sorten, die zum Teil grossflächig angebaut werden. Dazu gehören Mais, Kartoffeln, Raps, Soja und Baumwolle (Gentechnik in der Landwirtschaft).

In der Schweiz dürfen allerdings vorerst keine gentechnisch veränderten Pflanzen angebaut werden. Das hat die Schweizer Bevölkerung in einer Abstimmung im Jahr 2005 beschlossen. Das Moratorium wurde bereits mehrmals verlängert, zurzeit steht die Verlängerung bis 2025 zur Diskussion. Das Nationale Forschungsprogramm „Nutzen und Risiken der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen“ (NFP 59) hat von 2007 bis 2011 die Vor- und Nachteile von gentechnisch veränderten Pflanzen untersucht. Es hat keine Umweltrisiken gefunden, die von der grünen Gentechnik als solcher ausgehen. Zudem hat eine Analyse der weltweit verfügbaren Fachliteratur gezeigt, dass den kommerziell genutzten gentechnisch veränderten Pflanzen keine negativen gesundheitlichen Folgen nachgewiesen werden können. Es gibt allerdings auch ethische Bedenken gegenüber gentechnisch veränderten Pflanzen.

Resistenz gegenüber schädlichen Organismen

Pflanzen können gentechnisch so verändert werden, dass Schädlinge ihnen weniger anhaben können. Ziel ist es, den Ertrag der Ernte zu steigern. Dabei ist klar: Wenn Pflanzen sich selbst gegen schädliche Organismen wehren können, muss der Bauer weniger Pflanzenschutzmittel spritzen, was für die Umwelt von Vorteil ist.

Beispiel: Mais mit Insekten-Resistenz

Das Bakterium Bacillus thuringiensis (Bt) produziert ein giftiges Protein, das auf bestimmte Insektenlarven tödlich wirkt. Wenn die Larven das Bakterium fressen, bohrt das Gift Löcher in den Darm der Larven; dadurch verhungern sie. Mittels Gentechnik ist es gelungen, das Bt-Gen auf Pflanzen zu übertragen und diesen dadurch einen Schutz gegenüber Insektenlarven zu verleihen. Damit können sich z. B. Maispflanzen vor dem Maiszünsler schützen. Kritiker geben zu Bedenken, dass das Toxin jedoch auch auf andere, für die Pflanze ungefährliche Tiere wirken könnte. Der sogenannte Bt-Mais wird grossflächig auf dem amerikanischen und afrikanischen Kontinent angebaut. In Europa gibt es insbesondere in Spanien grössere Anbauflächen.

Nach einem ähnlichen Prinzip wie beim Bt-Mais wurden zum Beispiel Kartoffeln mit Pilz-Resistenzen oder Zuckerrüben mit Virus-Resistenzen durch gentechnische Methoden entwickelt und insbesondere in Amerika auch angebaut.

Resistenz gegenüber Herbiziden

Nicht nur Infektionen oder Schädlinge machen den Pflanzen zu schaffen. Auf dem Acker kämpfen die Kulturpflanzen mit Unkräutern um Platz, Licht, Wasser und Nährstoffe. In diesem Wettstreit sind die Kulturpflanzen meistens die Verlierer: Sie werden von Unkräutern überwuchert. Darum setzen Bauern Herbizide (auch Unkrautvertilgungsmittel genannt) ein, welche zu einem Absterben der behandelten Pflanzen führen. Unkräuter können so effizient beseitigt werden, ohne mühsam von Hand gejätet zu werden. Herbizide wirken jedoch auf alle Pflanzen, das heisst auch auf Kulturpflanzen. Diese können gentechnisch verändert werden, so dass ihnen die gespritzten Herbizide nichts mehr ausmachen. Dadurch sinkt der Arbeitsaufwand und steigt der Ertrag.

Beispiel: Sojabohne mit Herbizid-Resistenz

So wurde beispielsweise ein Bakterien-Gen auf Sojapflanzen übertragen und diesen dadurch eine Resistenz gegenüber einem Herbizid verliehen. Im Gegensatz zu den Unkräutern, die durch das Herbizid abgetötet werden, kommt die transgene Sojapflanze ohne Schaden davon und kann gedeihen. Im Vergleich zum herkömmlichen Sojaanbau, bei dem 3 bis 5 verschiedene Herbizide zur Unkrautbekämpfung eingesetzt werden müssen, braucht der Bauer beim Anbau der transgenen Soja nur noch dieses eine Herbizid zu spritzen. Diese genetisch veränderte Sojasorte wird vor allem in Nord- und Südamerika grossflächig angebaut.

Resistenz gegenüber Wind und Wetter?

Auch ungünstige Klima- und Bodenverhältnisse wie Kälte, wenig Regen, hohe Luftfeuchtigkeit, nährstoffarme oder stark salzhaltige Erde sind Gründe, warum Pflanzen mancherorts gar nicht oder nur schlecht gedeihen. Mittels Gentechnik wird versucht, Pflanzen an derart ungünstige Bedingungen anzupassen. Besonders in einer Zeit globaler Klimaveränderungen wären solche Pflanzen von Vorteil, um eine Ernährung der Menschen auch unter widrigen Bedingungen zu ermöglichen.

Beispiel: Mais mit Trockentoleranz

Mit Hilfe von Gentechnik wurde eine Maissorte gezüchtet, die Dürreperioden toleriert. Dazu wurde der Pflanze ein Gen übertragen, das den Pflanzenzellen in Stresssituationen wie Wassermangel hilft, die wichtigsten Zellfunktionen aufrecht zu erhalten. Freilandversuche zeigten, dass die neue Maissorte auch bei Trockenheit und ohne zusätzliche Bewässerung keine Ertragseinbussen aufweist. Der kommerzielle Anbau der trockentoleranten Maissorte ist in den USA seit 2012 möglich.

Entfernung unerwünschter Eigenschaften

So wie man einer Pflanze durch Gen-Übertragung eine neue, gewünschte Eigenschaft verleihen kann, so kann auch das Gegenteil funktionieren: Es ist möglich, unerwünschte Eigenschaften einer Pflanze auszuschalten, wie z. B. die Produktion eines Giftstoffes. Dazu wird das entsprechende Gen entfernt oder inaktiviert.

Beispiele: Reis ohne Allergen

Reis enthält ein Protein, das bei manchen Menschen eine Allergie auslöst. Wenn das entsprechende Reis-Gen inaktiviert wird, produziert die Pflanze das Allergie auslösende Protein nicht mehr – der Reis ist nun auch für Allergiker geniessbar. Er wird in ersten Freilandversuchen getestet. Dieser Ansatz liesse sich auch in Nüssen, Äpfeln, Soja, Sellerie und Karotten ins Auge fassen. Sie alle enthalten Proteine, auf die viele Menschen allergisch reagieren. Doch all diese genetisch veränderten Pflanzen stecken noch in ihrer Entwicklungsphase.

Erhöhung des Nährwertes

In vielen Entwicklungsländern sind Hülsenfrüchte, Reis, Mais oder eine andere Getreidesorte hauptsächliches Nahrungsmittel für weite Bevölkerungsteile. Mit dieser einseitigen Ernährung können nicht alle lebensnotwendigen Nahrungsbestandteile abgedeckt werden, was zu schweren Mangelkrankheiten führen kann. Mit Gentechnik versucht man deshalb, den Nährwert wichtiger Grundnahrungspflanzen zu erhöhen.

Beispiel: Mais mit mehr lebensnotwendigen Aminosäuren

Aminosäuren sind die Bausteine der Proteine. Der Mensch kann nur 10 der 20 verschiedenen Aminosäuren selbst herstellen. Die übrigen 10 muss er mit seiner Nahrung zu sich nehmen. Darum werden sie als lebensnotwendig oder „essenziell“ bezeichnet. Im Gegensatz zum Menschen können höhere Pflanzen alle 20 Aminosäuren selbst herstellen. Leider ist der Anteil mancher lebensnotwendiger Aminosäuren in Grundnahrungspflanzen nur sehr gering. Mais z. B. enthält nur einen kleinen Anteil der beiden Aminosäuren Lysin und Methionin. Mittels Gentechnik versucht man, deren Gehalt im Mais zu erhöhen. Diese gentechnisch veränderte Maissorte wird in einigen Regionen der Welt bereits angebaut, darf jedoch weder als Futter- noch Lebensmittel nach Europa importiert werden. Ein anderes Beispiel ist Reis mit Provitamin A.

Erstellt: 22.04.2018

Dieser Beitrag integriert Inhalte von der ehemaligen Website gene-abc.ch, die im Jahr 2016 von SimplyScience übernommen wurde. Das Gene ABC war eine Initiative des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) und umfasste auch eine Reihe von YouTube-Videos.

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