Körper & Gesundheit

Das Immunsystem: Schutz des Körpers gegen Eindringlinge

Künstlerische Computerdarstellung eines Makrophagen, der Bakterien phagozytiert

Dieses Bild zeigt eine künstlerische Darstellung eines Makrophagen (lila), der Bakterien (grün) phagozytiert (oder „frisst“). Bild: CanStockPhoto

Wie „booste“ ich mein Immunsystem? Eine Frage, die sich nach den ersten Wellen der COVID-Pandemie immer mehr Leute gestellt haben … Aber was ist eigentlich Immunität, und wie funktioniert das Immunsystem nun tatsächlich?

Sei es im Internet oder in den Printmedien, überall werden in Werbeanzeigen oder Artikeln „Geheimtipps“ zur Verbesserung des Immunsystems verbreitet. Auch am Ende dieses Textes werden wir einige davon auflisten – aber auch kritisch anschauen, ob ein Effekt wissenschaftlich nachgewiesen ist und sie daher empfohlen werden können!

Was ist Immunität?

Gemäss Lehrbuch ist das Immunsystem „die Gesamtheit der Organe, Gewebe, Zellen und Moleküle, welche die Immunität eines Organismus gewährleisten.“ Und was heisst das nun genau?

Zunächst müssen wir uns vergegenwärtigen, dass ein Organismus – wie der menschliche Körper – eine Ansammlung von Zellen ist, die zusammen funktionieren und sich von der „Aussenwelt“ abgrenzen. Er möchte seine Integrität gegenüber seiner Umgebung wahren; Krankheitserreger wie Bakterien, Viren, Parasiten etc. versuchen jedoch, in den Körper einzudringen, um sich darin zu vermehren. Das Immunsystem ist die Gesamtheit der Mittel, die der Körper hat, um das Eindringen und die Vermehrung von pathogenen Mikroben im Organismus zu verhindern. Dabei wird zwischen angeborener und erworbener Immunität unterschieden.

Angeborene Immunität

Die Haut und die Schleimhäute bilden mithilfe antimikrobieller Flüssigkeiten die erste Barriere gegen Krankheitserreger. Wenn Eindringlinge in den Körper gelangen, werden sie von weissen Blutkörperchen vernichtet: den Makrophagen und neutrophilen Granulozyten. Letztere haben im ausgereiften Stadium einen Zellkern, der in Segmente unterteilt ist. Wenn es Makrophagen und neutrophilen Granulozyten nicht gelingt, die Infektion unter Kontrolle zu bringen, kommen die Zellen der erworbenen Immunität zu Hilfe. Illustration: Redaktion SimplyScience.ch

Es gibt mehrere Arten von angeborenen Abwehrmechanismen: In erster Linie sind dies die Haut und alle Schleimhäute (das Innere von Mund, Verdauungstrakt, Nase, Lunge usw.), die mit der Aussenwelt in Kontakt kommen. Diese Barrieren, unterstützt durch Flüssigkeiten, die antimikrobielle Wirkstoffe enthalten (wie Speichel, Magensaft oder Tränen) sind sehr wirksam und verhindern die überwiegende Mehrheit der Infektionen des Körpers durch fremde Organismen. Wenn trotz dieser Barrieren dennoch ein pathogener Organismus eindringen kann, wird er sofort von Immunzellen – den weissen Blutkörperchen – angegriffen, die im ganzen Körper patrouillieren.

Es gibt eine Vielzahl von unterschiedlichen weissen Blutkörperchen, die für die angeborene Immunität zuständig sind. Die wichtigsten sind:

  • Neutrophile Granulozyten oder kurz „Neutrophile“. Neutrophile sind die wichtigsten weissen Blutzellen der angeborenen Immunität. Sie sind die Spezialisten für die Verteidigung an vorderster Front und haben einen Hang zu Kamikaze-Aktionen: Sie begehen Selbstmord, um die Bakterien zu töten, die den Körper angreifen.
  • Makrophagen, die „Müllabfuhr“ des Körpers. Makrophagen sind grosse Zellen, die im Körper allgegenwärtig sind und Zelltrümmer sowie Abbauprodukte fressen (der biologische Begriff dafür ist „phagozytieren“). Sie eliminieren auf diese Weise auch Krankheitserreger.
  • Dendritische Zellen. Diese Zellen erkennen als „Wächter“ die Anwesenheit pathogener Organismen und sind in der Lage, andere Immunzellen vor einem Angriff zu warnen.
  • Ausserdem gibt es zahlreiche andere Zellen, die jeweils auf die Verteidigung in bestimmten Situationen und gegen bestimmte Pathogene spezialisiert sind.

All diese Zellen werden von Proteinen unterstützt. Darunter sind Antikörper, die als „Waffen“ oder Erkennungszeichen dienen können, sowie kleine Proteine, die Zytokine oder Interleukine genannt werden und den Zellen bei der Kommunikation untereinander helfen.

Lichtmikroskopische Ansicht eines Neutrophilen und eines Makrophagen, die von roten Blutkörperchen umgeben sind.

Mikroskopische Ansicht eines Neutrophilen (oben rechts) und eines Makrophagen (unten links), die von roten Blutkörperchen (grau) umgeben sind. Bild: Wikimedia Commons/Hanna Sörensson, CC BY-SA 2.0

Das Besondere an der angeborenen Immunität ist, dass sie unspezifisch ist (sie reagiert auf alle Aggressionen), schnell, und ohne Gedächtnis (eine erneute Exposition gegenüber demselben Krankheitserreger verstärkt die Immunantwort nicht). Wenn man sich z. B. in die Haut schneidet, sind die Zellen der angeborenen Immunität sofort zur Stelle, um die ersten eindringenden Krankheitserreger zu bekämpfen. Auch in der Nase und der Lunge sind sie sehr präsent, da viele Viren und Bakterien ihren Weg durch die Luft nehmen und uns so infizieren.

Man kann sich den Körper wie eine Burg vorstellen, die von mehreren Akteuren verteidigt wird. Da sind die Mauern (Haut und Schleimhäute), auf und in denen Soldaten (die Neutrophilen) patrouillieren: grosse Soldaten, die auch die Wartung übernehmen (die Makrophagen) und Wächter (die dendritischen Zellen). Diese Einheiten kämpfen mit blossen Händen oder mit Waffen (den Antikörpern) und kommunizieren über Zytokine und Interleukine.

Wenn trotz all dieser Massnahmen die Situation eskaliert und die Infektion sich ausbreitet, fliehen die dendritischen Zellen aus der Kampfzone, um die Spezialkräfte zu warnen und zu aktivieren: die erworbene Immunität.

Erworbene Immunität

Wenn die Infektion eskaliert, fliehen die dendritischen Zellen aus der Kampfzone und nehmen ein Stück des Erregers mit, um es den (CD4+ T-Lymphozyten) T-Helferzellen zu zeigen. Diese produzieren Botenstoffe (Zytokine), welche die Spezialeinheiten aktivieren: B-Lymphozyten setzen Antikörper frei, die sich an den Krankheitserreger binden, und CD8+ T-Lymphozyten produzieren zytotoxische Enzyme, um ihn zu zerstören. Die Soldaten der angeborenen Immunität (Makrophagen und Neutrophile) sind ebenfalls anwesend, um die Infektion unter Kontrolle zu bringen. Illustration: Redaktion SimplyScience.ch

Die erworbene Immunität ist die Spezialeinheit des Körpers: Es handelt sich um die stärksten Zellen, die nur dann aktiviert werden sollten, wenn sich die Situation verschlechtert. Normalerweise sind es die dendritischen Zellen, die mit einem Stück des Erregers vom Ort der Infektion fliehen, um es den Zellen der erworbenen Immunität zu zeigen, die dann schwere Geschütze auffahren.

Es gibt viele unterschiedliche Zellen, die zum erworbenen Immunsystem beitragen. Diese Zellen finden sich im Lymphsystem und im Blut und wandern von Lymphknoten zu Lymphknoten. Zur Vereinfachung unterscheiden wir 3 Kategorien:

  • CD8+ T-Lymphozyten: Sie sind die „Elitesoldaten“, die Spezialisten im Nahkampf. Sie können Zellen, die mit einem Krankheitserreger infiziert sind, schnell erkennen und töten.
  • B-Lymphozyten sind die „Artilleristen“. Sie produzieren Antikörper, Proteine, die sich im ganzen Körper verteilen und an Krankheitserreger binden, wodurch diese geschwächt oder deaktiviert werden und für andere Immunzellen leichter zu erkennen sind.
  • CD4+ T-Lymphozyten oder T-Helferzellen: Als „Offiziere“ aktivieren sie die anderen Zellen, leiten den Kampf und wissen, welche Zellen sie je nach Situation rekrutieren müssen.

Das Besondere an der erworbenen Immunität ist, dass sie spezifisch ist (sie reagiert spezifisch auf einen Organismus), langsam (sie braucht mehrere Tage, um sich zu etablieren), und ein „Gedächtnis“ hat (sie erinnert sich an frühere Krankheitserreger und reagiert auf jeden neuen Angriff noch stärker).

Die Aktivierung solcher Kräfte ist mit hohem Energieaufwand verbunden. Millionen von Zellen werden aktiviert, vermehren sich sehr schnell und verbrauchen Energie für die Herstellung von Antikörpern und die Elimination von Pathogenen. Der Körper aktiviert sie daher nur, wenn es nötig ist – in der Regel bei Infektionen, die den ganzen Körper oder zumindest ein ganzes Organ betreffen. Dies können wir spüren: Wir fühlen uns in der Regel müde, alles tut weh, wir haben Fieber, Übelkeit und geschwollene Lymphknoten (weil sich die Zellen darin vermehren). Dies wird gemeinhin als „grippales Syndrom“ bezeichnet.

Immunität

Wir haben oben vom „Gedächtnis“ des Immunsystems gesprochen. Die Natur hat einen – sehr komplexen – Weg gefunden, sich an vergangene Infektionen zu erinnern und ihre Abwehr bei einem erneuten Angriff der gleichen Krankheitserreger zu verbessern. Bei einer Infektion mit einem bereits bekannten Mikroorganismus wird die erworbene Immunantwort sofort in Gang gesetzt und ist stärker. Dies ist es, was wir als „Immunität“ bezeichnen. Deshalb kann man manche Krankheiten nur einmal bekommen, wie die Windpocken. Wenn man dagegen immun ist, brechen sie nicht wieder aus, weil das Immunsystem das Virus erkennt und sofort bekämpft, bevor es Schaden anrichten kann. Andere Krankheitserreger können zwar erneut Krankheitssymptome auslösen, aber sie sind geringer als beim ersten mal, da die Immunantwort schneller und stärker ist. Darauf beruht auch die Impfung: Indem man dem Immunsystem einen Teil des Virus oder ein abgeschwächtes Virus präsentiert, kann der Körper bei einer echten Infektion effektiver reagieren.

Wie kann man seine Immunität stärken?

Zurück zur Anfangsfrage: Können wir aktiv etwas für unser Immunsystem tun? Leider gibt es zu diesem Zweck keine Wunderpillen. Beinahe alles, was einem an Nahrungsergänzungsmitteln oder Lebensmitteln zur Stärkung des Immunsystems angepriesen wird, funktioniert nicht: Die Wirkung konnte nie wissenschaftlich nachgewiesen werden. Schaden richten solche Nahrungszusätze jedoch auch nicht an (ausser im Portemonnaie …), wenn sie nicht in grossen Mengen eingenommen werden. Doch grundsätzlich benötigt der Körper sie nicht.

Einige Dinge tragen dennoch nachweislich zu einem leistungsfähigen Immunsystem bei:

  • Stress abbauen: Vor allem chronischer Stress beeinträchtigt über die Hormone, die der Körper dabei ausschüttet, die Funktion des Immunsystems und schwächt sie.
  • Ausgewogen essen: Das Immunsystem besteht aus Millionen von Zellen, die viele Nährstoffe verbrauchen und auf Mineralien und Vitamine angewiesen sind. Diese kommen in der Nahrung natürlicherweise vor.
  • Sport treiben: Auch hier sind es Hormone, die unser Wohlbefinden beeinflussen. Die beim Sport ausgeschütteten Botenstoffe wirken sich positiv aus – ein Effekt, zu dem auch Sonnenlicht und unbelastete Luft beitragen können.
  • Ausreichend Schlaf: Schlaf ist elementar für das Funktionieren unseres Körpers und von entscheidender Bedeutung für seine Erholung und Instandhaltung. Dies bezieht sich auch auf das Immunsystem!
Erstellt: 29.08.2022
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