Zellen & Moleküle

Biolumineszenz: Tierisches Licht

Qualle Aequorea victoria

Diese Qualle mit dem Namen Aequorea victoria lebt im Pazifik, wird 8–20 cm gross. Die Punkte am Rand ihres Schirms leuchten im Dunkeln. Bild: Sierra Blakely/Wikimedia Commons

Seit einiger Zeit werden unsere herkömmlichen Glühbirnen nach und nach durch sparsamere Beleuchtungen ersetzt. Was der Mensch erst jetzt lernt, kann die Natur aber schon lange. Und nicht nur das, sie ist auch noch viel effizienter! Während bei einer Glühbirne die meiste Energie als Wärme verloren geht, setzen leuchtende Lebewesen Energie fast zu 100% in Licht um.

Ein weibliches Glühwürmchen

Ein weibliches Glühwürmchen leuchtet, um zur Paarung mit einem Männchen zusammenzufinden. Bild: Timo Newton-Syms/Wikimedia Commons, CC-Lizenz

Das Phänomen, dass gewisse Lebewesen Licht erzeugen können, nennt man Biolumineszenz. Bekanntestes Beispiel hierzulande sind wohl die Glühwürmchen. Aber nicht nur Glühwürmchen leuchten im Dunkeln: Bei vielen Organismengruppen gibt es leuchtende Vertreter, nur nicht bei höheren Wirbeltieren und Pflanzen. Es gibt jedoch leuchtende Pilze, Spinnen und Insekten. Am häufigsten kommt Biolumineszenz bei Lebewesen in der Tiefsee vor. Forscher schätzen, dass dort nahezu 90% aller Meeresbewohner leuchten.

In der Tiefsee leuchten fast alle Meeresbewohner

Aber wie funktioniert Biolumineszenz überhaupt? Früher war der Irrglaube verbreitet, Geister seien für die Lichterscheinungen in der Natur verantwortlich. Inzwischen haben Forscher aber herausgefunden, wie das Phänomen funktioniert.

Hinter dem Leuchten steckt eine biochemische Reaktion. In speziellen Leuchtorganen werden Chemikalien vermischt, die dann unter Abgabe von Licht miteinander reagieren. Das Prinzip ist dasselbe wie bei einem Knicklicht. Dort wird durch das Knicken eine dünne Trennwand zerstört, Chemikalien mischen sich und der Stab beginnt zu leuchten.

Bei der Biolumineszenz der Glühwürmchen oder der Koralle Renilla reniformis spaltet das Enzym Luciferase das Protein Luciferin in zwei Teile („luci-fer“ bedeutet „lichttragend“). Dabei wird Energie in Form von Licht frei.

Luciferase + ATP
Luciferin + O2              →                Oxiluciferin + Licht

Ein bisschen anders macht es die leuchtende Qualle Aequorea victoria. Während das Luciferin nach der Reaktion „aufgebraucht“ ist, besitzt die Qualle ein Protein, das recycelt werden kann. Das spezielle Protein Aequorin kann mit Hilfe von Kalzium-Ionen entladen und geladen werden.

Die verschiedenen Arten der Biolumineszenz in der Natur sind ein Hinweis darauf, dass das Phänomen in der Evolution mehrmals unabhängig entstanden ist. Die Farbe des Lichts, das verschiedene Lebewesen durch Biolumineszenz abgeben, hängt unter anderem von ihrem Lebensraum ab. Tiefseelebewesen leuchten meist blau-grün, da dieser Bereich des Lichts dort die grösste Reichweite hat. Die meisten Meeresbewohner können auch nur Licht in diesem Bereich wahrnehmen. An Land gibt es weniger biolumineszierende Tiere. Diese haben dafür aber mehr Farben.

Bioluminiszierende Lebewesen verschaft Vorteile

Die Biolumineszenz hat viele Funktionen in der Natur. Der Anglerfisch zum Beispiel benutzt Biolumineszenz, wie sein Name schon verrät, als Köder für seine Beutefische. Auf seinem Kopf hat er einen angelartigen Auswuchs, der leuchtet. Eigentlich leuchtet hier aber nicht der Aufsatz selber, sondern Bakterien, die darauf leben.

Andere Lebewesen nützen Biolumineszenz zum Abschrecken von Feinden, zum Finden eines Partners, zur Kommunikation oder sogar zur Tarnung, wie der Tintenfisch. Raubfische suchen nämlich nach Schatten an der Oberfläche um mögliche Beutetiere zu finden. Tintenfische, die als „Lampen“ an der Oberfläche erscheinen, tricksen so ihre Feinde aus. Aber nicht nur in der Natur hat die Biolumineszenz einen grossen Nutzen.

Biolumineszenz hat zahlreiche Anwendungen in der Biotechnologie und Medizin

Die Gene, welche für die Biolumineszenz verantwortlich sind, wurden inzwischen entschlüsselt und können gentechnisch in fast alle Organismen eingebaut werden. So kann man Stoffe und Gewebe in Lebewesen markieren und den Weg eines Moleküls durch den Stoffwechsel verfolgen. Für die Entdeckung des leuchtenden Proteins GFP (Grün-Fluoreszierendes-Protein) bekamen drei Forscher im Jahr 2008 den Nobelpreis.

In der Biotechnologie haben leuchtende Bakterien eine Anwendung. Sie können zum Beispiel zur Überprüfung der Wasserqualität bei Abwasser verwendet werden. Die Leuchtintensität des Wassers gibt Auskunft darüber, wie viele Bakterien darin enthalten sind.

Ein selbstleuchtender Weihnachtsbaum?

Gentechnik ermöglicht auch eher ungewöhnliche Spielereien, bei denen man sich fragen kann, ob sie wirklich sinnvoll sind. So gibt es z. B. in den USA gentechnisch veränderte leuchtende Aquariumfische zu kaufen, und man hat sich überlegt, leuchtende Bäume als Ersatz für Strassenlampen zu verwenden.

Erstellt: 20.11.2012

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