Zellen & Moleküle

DNA buchstabieren: Sequenzierung

Jede Farbe entspricht einer DNA-Base. Bild: CanStockPhoto

Manche wissenschaftlichen Fragen lassen sich nur beantworten, wenn die genaue Abfolge der Buchstaben in einem Gen oder Gen-Abschnitt bekannt ist. Dazu muss die betreffende DNA zuerst vervielfältigt werden.

Um die Sequenz eines Gens herauszufinden, also die Abfolge seiner Buchstaben, muss das Gen zuerst kopiert werden. Wie das funktioniert, kannst du im Artikel Gene kopieren: Die Polymerase-Kettenreaktion nachlesen. Für die Sequenzierung wurden in den letzten 20 Jahren verschiedene moderne Techniken entwickelt. Viele wichtige Gen-Sequenzen fand man aber bereits mit der klassischen Methode, die hier als Beispiel vorgestellt wird (eine Weiterentwicklung der Sanger-Sequenzierung, benannt nach Frederick Sanger).

Für die Sequenzierung braucht es:

  • Viele Kopien des Gens, das buchstabiert werden soll.
  • Primer: kurze, einsträngige DNA-Stücke, die mit dem Anfang des Gens identisch sind.
  • DNA-Polymerase (das „Kopiergerät“).
  • Viele Bausteine A, C, G und T.
  • Eine kleine Menge „Stop-Bausteine“, die wir hier ddA, ddC, ddG und ddT nennen. Die vier verschiedenen Stop-Bausteine sind mit unterschiedlichen fluoreszierenden Farbstoffen markiert.

Dieser Ansatz wird in einem kleinen Proberöhrchen zusammengemischt. Genau wie bei der Polymerase-Kettenreaktion stellt man das Röhrchen danach in ein Heizgerät mit einem vorprogrammierten Temperatur-Zyklus:

  • 94°C: Die beiden DNA-Stränge des Gens trennen sich.
  • 60°C: Die Primer heften sich an den Anfang der DNA-Einzelstränge
  • 72°C: Die DNA-Polymerase beginnt zu arbeiten und ergänzt Baustein für Baustein den zweiten DNA-Strang.

Beim Kopiervorgang verwendet die DNA-Polymerase hauptsächlich die normalen Bausteine A, C, G und T, aber manchmal erwischt sie stattdessen einen der wenigen Stop-Bausteine. Dann bricht der Kopiervorgang an dieser Stelle ab, und das Gen wird nicht vollständig kopiert.

Unterschiedlich lange DNA-Kopien entstehen

So entstehen unterschiedlich lange Bruchstücke des Gens, die alle gleich anfangen (mit dem Primer), aber an unterschiedlichen Stellen aufhören (dort, wo ein Stop-Baustein eingebaut wurde). Der Kopiervorgang wird sehr viele Male wiederholt – so lange, bis jeder Baustein des Gens einmal zufällig durch einen Stop-Baustein ersetzt wurde. Zu diesem Zeitpunkt hat man sehr, sehr viele DNA-Stücke in der Probe. Pro Buchstabe des Gens ist darunter mindestens ein DNA-Stück, dass vom Primer bis genau zu diesem Buchstaben reicht.

Der Grösse nach sortieren

Ähnlich wie bei einer Gel-Elektrophorese werden die DNA-Stücke nun der Länge nach sortiert. Es wird dazu aber ein sehr feines Röhrchen verwendet, das sogar DNA-Stücke trennen kann, die sich in der Länge nur um einen einzigen Baustein unterscheiden. Die kleinsten DNA-Stücke wandern am schnellsten durch das Röhrchen. Am Ausgang des Röhrchens befindet sich ein Detektor, der die Fluoreszenz-Farben der Stop-Bausteine ddA, ddC, ddG und ddT unterscheiden kann.

Nun lässt man die Probe mit den Gen-Kopien durch das Röhrchen laufen. Als erstes erscheinen die ganz kurzen Stückchen am Detektor, bei denen direkt nach dem Primer ein Stop-Baustein eingebaut wurde. Dann folgen nach und nach die nächsten, die immer genau einen Baustein länger sind als die vorherigen. Und da jeder Stop-Baustein eine unterschiedliche Farbe hat, kann der Detektor bei jeder Gruppe von DNA-Stückchen „lesen“, mit welchem Baustein oder Buchstaben sie aufhören. So buchstabiert man der Reihe nach das ganze Gen durch.

Zuletzt geändert: 18.05.2021
Erstellt: 29.04.2016

Dieser Beitrag integriert Inhalte von der ehemaligen Website gene-abc.ch, die im Jahr 2016 von SimplyScience übernommen wurde. Das Gene ABC war eine Initiative des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) und umfasste auch eine Reihe von YouTube-Videos.

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