„Nimm 60 Teile Sand, 180 Teile Asche aus Meerespflanzen, 5 Teile Kreide – und du erhältst Glas“. So einfach geht die Glasherstellung, folgt man dem Rezept aus der Tontafelbibliothek des assyrischen Königs Ashurbanipal um 650 vor Christus. Die Zutaten stimmen eigentlich auch heute noch: Glas besteht grob gesehen aus einem Gemisch von Quarzsand, Kalk (Kalziumkarbonat), Soda und Pottasche (Kaliumkarbonat – ein Salz, das früher aus Asche gewonnen wurde). Dieses Gemisch schmilzt bei hohen Temperaturen zu Glas. Alle diese Stoffe kommen in der Natur vor, und lange bevor der Mensch kam, wurden sie durch die Hitze von Vulkanen verschmolzen und zum ersten Naturglas: Obsidian.
Vom heissen Töpferofen zur Glasbläserpfeife
Irgendwann lernte der Mensch, die Glasbildung selbst auszulösen und zu steuern. Wie bei vielen anderen Erfindungen geschah dies wahrscheinlich durch Zufall, etwa beim Brennen von Gefässen aus tonhaltiger Erde. War der Töpferofen viel zu heiss und der Sand besonders kalkhaltig, entstand ein glasartiger Überzug auf der Keramik.
Die ältesten Funde von menschgemachten Glassachen stammen aus dem Vorderen Orient, und zwar aus der Zeit um 3500 vor Christus. Später wurden Techniken entwickelt, um Glas auch ohne einen „Kern“ aus Ton herzustellen. Um das Jahr 0 herum wurde schliesslich die Glasbläserpfeife erfunden, mit der dünnwandige und durchsichtige Gefässe hergestellt werden konnten. Die Römer entwickelten die Kunst der Glasherstellung weiter und verbreiteten dieses Wissen in Europa. Im 19. Jahrhundert wurde die Glasherstellung dann automatisiert und industrialisiert.
Die richtige Zutaten-Mischung muss in den Ofen
Die heutige Glasherstellung findet in grossen Anlagen statt. Zuerst wird ein Gemisch aus verschiedenen Stoffen eingeschmolzen, mit Quarzsand (chemisch: Siliziumdioxid) als Hauptzutat. Soda und Kaliumoxid aus Pottasche werden zugegeben, um den sehr hohen Schmelzpunkt des Quarzsandes zu senken. Auch Altglas wird mit eingeschmolzen, und je nach dem für welchen Zweck das Glas hergestellt wird, kommen noch weitere Materialien dazu: Feldspat, Kalk und Dolomit machen das Glas stabiler. Um das Glas einzufärben, werden zum Beispiel Metalloxide wie Eisen-, Kupfer- und Nickeloxide zugegeben.
Dann kommt das Gemisch in die Schmelzwanne des Schmelzofens. Alles wird auf knapp 1500° Celsius erhitzt, und das Rohstoff-Gemenge schmilzt.
Was passiert mit dem heissen Glasbrei?
Als nächstes muss der Einheitsbrei aus geschmolzenem Glas von Bläschen befreit werden. Durch hohe Temperaturen und die Zugabe verschiedener Stoffe werden kleine Blasen durch aufsteigende grössere Blasen an die Oberfläche der Glasflüssigkeit mitgerissen. Das bläschenfreie Glas lässt man etwas abkühlen, damit es die richtige Temperatur für die Verarbeitung hat. Nun kann man es in die gewünschte Form pressen, giessen, walzen, ziehen oder blasen.
Zur Herstellung von Trinkgläsern oder Flaschen fliesst das Glas nach dem Auskühlen durch den „Feeder“, der einzelne Tropfen im richtigen Rhythmus in eine Verarbeitungsmaschine leitet, wo sie zu Glasbehältern geformt werden. Will man Flachglas (für Fenster oder Spiegel) herstellen, leitet man die Glasschmelze auf ein langes Bad aus flüssigem Zinn. Da Glas leichter ist als Zinn, schwimmt es obenauf und breitet sich gleichmässig aus – genau wie ein Ölfilm auf Wasser. Beim Abkühlen wird es fest, und man erhält eine lange, glatte Glasscheibe.
Warum ist Glas eigentlich durchsichtig? Was kann Glas sonst noch? Und welche Dinge werden aus Glas hergestellt? In diesem Artikel erfährst du mehr!