Technik & Materialien

Was ist Bionik?

Die Vorbilder für technische Errungenschaften lassen sich oft in der Natur finden – so inspirierte der Löwenzahnsamen die Entwicklung von Fallschirmen. Bild: Fotomontage aus CanStockPhoto 1, 2, 3.

Auf der Suche nach technischen Lösungen dient die Natur oft als Inspirationsquelle. „Bionik“ ist der Fachbegriff für die Forschungsdisziplin, die natürliche Strukturen oder Mechanismen studiert und in technische Erfindungen umsetzt.

Die Natur als Vorbild für die Technik

Das Ziel der Forschungsdisziplin Bionik ist, in der Natur Lösungen für technische Herausforderungen zu finden und diese umzusetzen. Die Bionik bedient sich dabei evolutiv optimierter Strukturen oder Prozesse aus der Natur und nimmt diese als Vorbild für technische Innovationen. Ein bekanntes Beispiel ist der Flügel der Vögel, der als Vorbild für die heutigen Flugzeuge diente.

Bionik wird in verschiedenen Bereichen eingesetzt wie in der Medizin, der Energiegewinnung, der Fortbewegung oder im Bauwesen.

Klettverschluss

Ein Beispiel für den „Bottom-up“ Prozess: Die Widerhaken und Schlaufen eines Klettverschlusses funktionieren analog den Klettfrüchten, die sich beispielsweise in einem Tierfell verhaken. Bild: CanStockPhoto

Wie geht Bionik?

Im Forschungsfeld der Bionik arbeiten Biologen eng mit Physikern, Chemikern, Architekten sowie mit Materialforschern oder Ingenieuren zusammen. Diese Zusammenarbeit kann beispielsweise darin bestehen, dass die Biologin ein biologisches Prinzip entdeckt, das sich als Vorlage für die Lösung eines technischen Problems eignen könnte. In Zusammenarbeit mit einer Ingenieurin entsteht dann ein Produkt nach dem Vorbild der Natur, nach dem so genannten „Bottom-up“ Prinzip. Dieses Prinzip besagt, dass ein Naturprinzip die grundlegende Idee für die Entwicklung eines technischen Produkts bot und das Produkt‚ „von unten nach oben“ entwickelt wurde. Ein Beispiel ist der von Kletten inspirierte Klettverschluss. Der Erfinder entdeckte Klettfrüchte am Fell seines Hundes und entwickelte aus seinen Beobachtungen heraus den Klettverschluss. So wie sich die Klettfrüchte mit ihren kleinen Haken im Fell eines Tieres verfangen, kann sich die Klettfolie in einen passenden Untergrund verhaken.

Die genau entgegengesetzte Vorgehensweise nennt sich „Top-down“. Hier besteht bereits ein konkretes technisches Problem, für welches die Bioniker gezielt eine Lösung in der Natur suchen. So suchen zum Beispiel Forscher in der Natur nach Lösungen, um bewegliche mechanische Elemente besser mit Schmierflüssigkeit zu benetzen.

Ist die Natur schlauer als wir Menschen?

Die Evolution ist nicht zielgerichtet, d.h. ihre Produkte entstehen zufällig. Allerdings unterliegen sie einem ständigen Selektionsdruck. Nur die am besten an die Anforderungen angepassten Lösungen überleben. Vier Milliarden Jahre Evolution haben eine Fülle an genialen Erfindungen hervorgebracht, die auch mit den kniffligsten Problemen fertig werden und dabei material- und energiesparend sind. Wir Menschen sind mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Anstatt also das Rad neu zu erfinden, kopieren wir beim Meister. Kopieren ist allerdings nicht ganz richtig. Meistens wird eine biologische Lösung nicht eins zu eins kopiert, sondern das Funktions- oder Konstruktionsprinzip, das dieser Lösung zugrunde liegt, übernommen und der technischen Fragestellung angepasst.

Olympisches Stadion Peking

Das Olympische Stadion in Peking sieht zwar einem Vogelnest ähnlich, ist aber nicht nach demselben Prinzip gebaut. Bild: CanStockPhoto

Nicht überall steckt Bionik drin, wo Bionik draufsteht

Der Begriff „Bionik“ oder auch abgeleitet „bionisch“ wird nicht immer korrekt verwendet. Wer mit diesen Begriffen wirbt, möchte Natürlichkeit und Naturverbundenheit andeuten. Die mit dieser Werbung angepriesenen Produkte müssen aber nicht zwingend auf bionischem Wege entstanden sein, die Bezeichnung als solche lässt sich aber besser vermarkten.

Auch was bionisch aussieht, ist nicht unbedingt bionisch entstanden. Das berühmte im Jahre 2008 erbaute Olympische Stadion „Vogelnest“ in Peking ähnelt zwar einem Vogelnest, seine Bauweise entspricht aber nicht dem vermeintlichen natürlichen Vorbild.

Analog zum Schlagwort „Bionik“ werden die Begriffe „Biomimikry“ (nicht zu verwechseln mit „Mimikry“), „Biomimetik“ oder „Biomimese“ verwendet. Im Englischen spricht man von „biomimetics“, „bionics“ oder „bioinspired design“.

Apropos Rad

Das Rad hat der Mensch etwa um 3000 v. Chr. allerdings doch ganz ohne zu spicken erfunden. In der Biologie findet sich fast nichts, das dem Prinzip eines sich um eine Achse drehenden Rads entspricht. Es gibt aber durchaus Lebewesen, die das Prinzip Rad für sich entdeckt haben und sich bei Bedarf rollend fortbewegen, wie die Spinne im untenstehenden Video. In der mikroskopischen Welt findet man Bakterien, die sich mithilfe eines rotierenden Flagellums fortbewegen. Sie waren aber den ersten Raderfindern natürlich noch lange nicht bekannt.

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Erstellt: 16.09.2015
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