Technik & Materialien

Trocknen, schäumen, wärmen

Technologiehalle BFH

In der neuen Technologiehalle der Berner Fachhochschule, Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften in Zollikofen, können die wichtigsten Grundoperationen der Lebensmitteltechnologie ausgeführt werden. Bild: Marcel Kaufmann/BFH-HAFL

Die Industrie stellt heute aus einfachen Grundnahrungsmitteln vielfältige Lebensmittel her. Welche Prozesse es dazu braucht, erfahren die Studierenden der Berner Fachhochschule auf sehr praxisnahe Weise.

Technologiehalle BFH-HAFL

Blick in die Technologiehalle, wo Studierende Geräte wie Autoklaven, Walzentrockner oder Extruder nutzen können. Bild: Marcel Kaufmann/BFH-HAFL

Wie man zuhause einen leckeren Kuchen bäckt, lässt sich in einem Kochbuch oder im Internet leicht nachlesen. Doch was ist, wenn man mit der hundertfachen Menge an Teig Süssspeisen herstellen möchte? Sicher ist: Mit einem Stabmixer, Teigschaber und Haushaltsbackofen kommt man da nicht weit. Es braucht grössere Geräte, um solche Mengen an Lebensmitteln zu verarbeiten. Doch wie sehen diese Geräte aus? Wie bedient man sie? Und wie verändert sich mit ihnen die Herstellung der Kuchen?

Breites Spektrum an Verfahren

Genau solche Fragen können die Studierenden des Bachelorstudiengangs Lebensmitteltechnologie der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften in Zollikofen nun in der Praxis studieren. Seit dem letzten Herbst verfügt das Departement der Berner Fachhochschule über eine neue Technologiehalle, in der verschiedene Anlagen stehen, die man üblicherweise in der Lebensmittelindustrie verwendet. Rund zwanzig Geräte finden sich in der Halle, vom Rotationsautoklav über den Walzentrockner und den Einwellen-Kaltextruder bis hin zum Glace-Freezer.

Autoklav

Autoklav
Autoklaven sind Geräte, in denen Lebensmittel in Behältern wie Glas oder Konservendosen sterilisiert und damit haltbar gemacht werden. Der Autoklav wird gasdicht verschlossen und die Lebensmittel darin werden im Wasserdampf unter Druck erhitzt. Ein Dampfkochtopf ist auch ein Autoklav. Grafik: SATW/Andy Braun

Mit diesen Geräten lassen sich die wichtigsten Grundoperationen üben, welche die angehenden Lebensmitteltechnologinnen und Lebensmitteltechnologen später beherrschen sollten. Die breite Palette sei kein Zufall, erklärt Stefan Bürki, Abteilungsleiter Food Science & Management. „Im Gegensatz zu früher bilden wir heute Fachkräfte aus, die sich nicht nur in einem bestimmten Lebensmittelbereich auskennen.“ Die Studierenden lernen zum Beispiel, wie man Milchgetränke durch UHT-Behandlung länger haltbar macht, wie man Frühstückscerealien, Snacks oder Teigwaren durch Extrusion herstellt, wie man durch Schäumen ein cremiges Schokoladenmousse fabriziert oder wie man Konservendosen durch Hitze haltbar macht und Jogurtbecher fachgerecht abfüllt.

Walzentrockner

Walzentrockner
In Walzentrocknern können Lösungen, Suspensionen und Pasten kontinuierlich getrocknet werden. Dazu werden diese auf langsam drehende, beheizte Walzen aufgetragen und nach dem Antrocknen mit Messern wieder abgeschält. Grafik: SATW/Andy Braun

Attraktives Berufsfeld

Der Bedarf für eine solche Halle ergab sich aus zwei Umständen: Zum einen hat die Zahl der Studierenden im Bereich Lebensmitteltechnologie in den letzten Jahren stark zugenommen. „Das Interesse an diesem Gebiet ist sehr gross, denn es ist ein attraktives Berufsfeld“, meint Bürki. Zum anderen bringen heute viele Studierenden keine direkten Kenntnisse aus der Lebensmittelverarbeitung mehr mit. Deshalb muss die Fachhochschule vermehrt praktische Inhalte vermitteln.

Einwellen-Kaltextruder

Einwellen-Kaltextruder
Extruder sind Geräte, die nach dem Funktionsprinzip des Schneckenförderers feste bis dickflüssige Massen unter hohem Druck gleichmässig durch eine formgebende Öffnung herauspressen. Bei Kaltextrudern wird die Temperatur bewusst tief gehalten, um die Lebensmittel zu schonen. Grafik: SATW/Andy Braun

In der Ausbildung müssen die Studierenden immer wieder konkrete Probleme lösen. Sie erhalten etwa die Aufgabe, ein Milchpulver herzustellen, wie es bei der Herstellung von Milchschokolade verwendet wird. Auf der Basis der vermittelten Theorie und durch Literaturrecherche machen sie sich als erstes mit den Möglichkeiten der Milchpulverherstellung vertraut. Dabei lernen sie die wichtigen Einflussgrössen wie Temperatur, Durchlaufzeit oder mechanische Beanspruchung kennen, welche die Eigenschaften des Fertigprodukts bestimmen. In der Technologiehalle können sie diese Kenntnisse dann anwenden und mit den geeigneten Einstellungen der Geräte ein Milchpulver herstellen, das den Anforderungen möglichst optimal entspricht. Durch Analysen im Labor und sensorische Überprüfungen kann die Qualität des fertigen Produkts beurteilt werden.

Auch für die Forschung interessant

Obwohl die Anlagen in der neuen Technologiehalle in erster Linie für die Ausbildung da sind, werden sie auch für Forschungsprojekte genutzt, welche die Fachhochschule zusammen mit Industriepartnern realisiert. „Oft geht es bei solchen Projekten darum, die Rezeptur zu optimieren“, erklärt Bürki. „Die Konsumenten wollen zum Beispiel möglichst wenige Zusatzstoffe in den Produkten haben. Doch wenn man diese einfach weglässt, muss man nach neuen Lösungen suchen, damit das Produkt trotzdem noch gleich lang haltbar bleibt oder immer noch so cremig schmeckt wie zuvor.“ Dabei hat Bürki mit seinen Anlagen einen grossen Vorteil: „Unsere Geräte sind relativ klein und eignen sich bestens für solche Versuche. Die Maschinen, welche für die Produktion verwendet werden, sind häufig zu gross für Experimente – oder stehen wegen der laufenden Produktion gar nicht zur Verfügung.“

Erstellt: 01.09.2015
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