Körper & Gesundheit

Quorn – ein Schimmelpilz als Fleischersatz

Quorn-Produkte gibt es in verschiedenen Formen

Quorn-Produkte gibt es in verschiedenen Formen, wie zum Beispiel als „Schnitzel“ – an Pilze erinnert nichts mehr. BIld: Jan Ainali/Wikimedia Commons, CC-Lizenz

Hast du schon mal Quorn gegessen? Vielleicht in einer vegetarischen Bolognese-Sauce, oder als Poulet-Ersatz auf dem Grill? Die hellbraunen Stücke haben eine ähnliche Konsistenz wie Fleisch, und sogar ihr Geschmack erinnert an dieses. Aber Quorn besteht nicht etwa aus einem toten Tier – sondern aus einem Pilz.

Ein Schimmelpilz als Sieger

In den 60er Jahren befürchtete man, dass es bald zu wenig tierische Proteine für die wachsende Bevölkerung geben würde. Deshalb waren verschiedene Firmen daran interessiert, einen Ersatz für Rind und Schwein auf dem Teller zu erfinden. Gesucht waren Bakterien oder Pilze, die sich von Stärke oder Zucker ernähren, schnell wachsen, essbar und nicht giftig sind. Die britische Firma RHM (Rank Hovis McDougall) testete 3000 Organismen auf diese Fähigkeiten, und der Sieger war... Fusarium venenatum!

Fusarium venenatum ist ein essbarer Pilz. Er besitzt aber weder Hütchen noch Stiel wie andere Speisepilze, denn Fusarium venenatum ist ein Schimmelpilz. Schimmelpilze bestehen aus einem Geflecht von zahlreichen Pilzfäden (den Hyphen), das man in seiner Gesamtheit „Myzel“ nennt und das unter anderem reich an Proteinen ist. Proteine von Pilzen werden Mykoproteine genannt, denn das griechische Wort für „Pilz“ ist „mykes“.

Der Pilz bekommt einen neuen Namen: Quorn

Zusammen mit dem britischen Chemieunternehmen ICI (Imperial Chemical Industries) entwickelte die RHM ein Verfahren, um den proteinreichen Schimmelpilz in grossem Massstab zu züchten. Während der nächsten Jahre testeten die Firmen Fusarium venenatum auf seine Giftigkeit, denn viele Schimmelpilze produzieren gefährliche Toxine. Der verwendete Stamm von Fusarium venenatum schien jedoch absolut ungefährlich zu sein und 1985 wurde der Schimmelpilz zum ersten Mal als Nahrungsmittel produziert und verkauft. Der Markenname dieses Produkts sollte „Quorn“ lauten – nach dem Dorf Quorn in Leicestershire.

Wie wird aus einem Schimmelpilz ein Nahrungsmittel?

Quorn ist also eigentlich nichts anderes als Mykoprotein von einem Schimmelpilz. Gezüchtet wird Fusarium venenatum in 40 Meter hohen keimfreien Behältern. Diese werden mit einem Gemisch aus Wasser und Glukose gefüllt, zu dem eine „Startkultur“ des Pilzes gegeben wird. Der pH-Wert sollte 6.0 betragen und die Temperatur wird bei 28–30°C gehalten. Der Pilz ernährt sich von der Glukose und beginnt zu wachsen. Innerhalb von fünf Stunden kann sich seine Masse verdoppeln. Die Nährlösung wird ausserdem mit Stickstoff, Sauerstoff, Vitaminen und Mineralien angereichert, um dem Pilz optimale Wachstumsbedingungen zu geben und den Nährwert des Endproduktes (des Quorns) zu verbessern.

Das Pilzmyzel und die Nährstoffe verbinden sich zum gewünschten Mykoprotein, das dann aus dem Behälter abfiltriert wird. Nun wird dieses kurz erhitzt, um die RNA des Pilzes zu zerstören. Diese kann nämlich unter gewissen Umständen gefährlich für den Menschen sein. Nach dem Erhitzen wird das Mykoprotein zentrifugiert, damit überschüssiges Wasser entfernt werden kann. Um die Masse zu binden, wird Eiweiss aus Hühnereiern zugegeben. Nun wird das verarbeitete Mykoprotein zu verschiedenen fleischähnlichen Formen gepresst und weiterverarbeitet – fertig ist der Fleischersatz Quorn!

Proteinreich, fett- und cholesterinarm

Da die Hyphen von Fusarium venenatum in Länge und Durchmesser tierischen Muskelfasern ähneln, besitzt Quorn eine vergleichbare Konsistenz wie Fleisch. Quorn ist cholesterinarm und enthält wenig Fett. Ausserdem ist es reich an Ballaststoffen und natürlich reich an Proteinen. Es wird daher gerne als Fleischersatz eingesetzt. Vegan sind die Produkte jedoch nicht, denn es wird ja Hühnereiweiss als Bindemittel benutzt. Allerdings wurde 2011 ein „veganer Quorn-Burger“ in den USA auf den Markt gebracht, bei dem Kartoffeleiweiss das Hühnerei ersetzt. Bei einigen Menschen können Quorn-Produkte eine allergische Reaktion auslösen. Allerdings passiert dies relativ selten – laut den Herstellern leidet eine von 100'000–200'000 Personen darunter. Alternativ zu Quorn gibt es natürlich eine Reihe anderer weniger stark verarbeiteter proteinreicher Nahrungsmittel, die bei Vegetariern und Veganern für eine ausgewogene Ernährung sorgen können. Mittlerweile sind Quorn-Produkte in den USA, Australien und vielen europäischen Ländern erhältlich. In der Schweiz wird Quorn unter dem Namen „Cornatur“ von der Migros verkauft. Ein ziemlicher Erfolg für einen kleinen Schimmelpilz!

Erstellt: 06.02.2013

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