Technoscope: Bitte erklären Sie uns die Blockchain so einfach wie möglich.
Bernd Lapp: Die Blockchain ist wie ein Blatt Papier, das man beschreibt. Wenn es voll ist, muss man es in einem Buch abheften. Sobald die neue Seite abgeheftet ist, können sie alle lesen, die das Buch in die Hand bekommen. Und rund um die Welt finden alle, die das genau gleiche Buch haben, diese Seite nun ebenfalls in ihrem Exemplar.
Wie hängen die Blöcke in der Kette zusammen?
Alle Informationen auf einer Seite werden zusammengezählt. Das Ergebnis wird kryptographisch verschlüsselt und das Ergebnis, der Hash, wird zum ersten Eintrag auf der nächsten Seite. Kenne ich den Verschlüsselungsmechanismus, dann kann ich allein mit diesem Hash die jeweils vorhergehende Seite wiederherstellen und die ganze Kette bis zu ihrem Anfang zurückzuverfolgen. Diese Transparenz ist die grosse Stärke der Blockchain.
Weshalb?
Es gibt grosse Wirtschaftsprüfungsunternehmen, die davon leben, dass sie Banken und anderen Firmen in die Bücher schauen und kontrollieren, dass alle Werte korrekt verbucht wurden. Wenn ich denen erkläre, was die Blockchain ist, kommt irgendwann der Punkt, wo sie ganz still werden. Weil sie realisieren, dass diese neue Technologie ihr Geschäftsmodell überflüssig macht. Was sie tun, können mit der Blockchain jetzt alle: Alle haben Einblick in die Bücher, niemand kann mehr tricksen oder etwas verdrehen. Das funktioniert einfach nicht. Sobald eine Seite verschlüsselt ist, ist sie so gut wie in Stein gemeisselt.
Was kann die Blockchain, das E-Banking nicht bereits konnte?
Beim Online-Banking bin ich bei einer Bank angemeldet und gebe ihr Zugriff auf mein Geld. Bei der Blockchain habe ich allein den Zugriff darauf und wenn ich jemandem einen Betrag in Bitcoin oder einer anderen Kryptowährung überweise, ist keine dritte Partei involviert. Damit sind auch die Gebühren geringer und der ganze Vorgang wird effizienter.
Werden sich Kryptowährungen durchsetzen?
Kryptowährungen sind wie Pokemonkarten. Manche sind mehr wert, weil eine besondere Figur drauf ist, die alle gerne möchten, manche weniger selten und deshalb nicht so begehrt. Mit den Kryptowährungen verhält es sich ähnlich. Immer mehr Menschen und sogar ganze Länder erkennen ihren Wert an: Finanztransaktionen werden mit ihnen einfacher und günstiger, brauchen weniger Technologie, weniger Zwischenschritte und Zwischenhändler. Deswegen werden Kryptowährungen immer häufiger akzeptiert. Vor Kurzem hat El Salvador als erstes Land Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel anerkannt.
Sie leben und arbeiten im Zuger Kryptovalley. Warum zieht die Schweiz so viele Blockchainunternehmen an?
Die Blockchain veträgt sich sehr gut mit dem dezentralen föderalistischen System und der Eigenständigkeit von Bürgerinnen und Bürger, die gewohnt sind, an Entscheidungsprozessen teilzunehmen. Das ist genau die Philosophie, die auch hinter der Blockchain steckt.