Plastik ist eigentlich eine Erfolgsgeschichte: Fast unzerstörbar, geruchsfrei, hygienisch, leicht, formbar und unglaublich robust, für alle erschwinglich und nach Belieben schön bunt. Als es in den 1950er-Jahre möglich wurde, Kunststoffe, wie das aus Erdgas gewonnene Polyethylen und das auf Erdöl basierende Polypropylen, im grossen Massstab herzustellen, setzte ein wahrer Plastikboom ein. Tupperwares mit wasserdicht schliessendem Deckel, in denen sich Lebensmittel viel länger frisch hielten, waren der erste grosse Renner. Auf "Tupperwareparties" demonstrierten "Tupperladies" im trauten Heim ihren Nachbarinnen die Vorzüge des revolutionären Produkts.
Der Sündenfall
Zwanzig Jahr später war Plastik schon nicht mehr revolutionär. Nicht mehr modern und erstrebenswert, sondern nur noch billig. So billig, dass die Wegwerfgesellschaft auf eine fatale Idee kam: Einwegplastik. Plastik, das man genau einmal braucht. Um daraus zu essen und zu trinken, um Produkte einzupacken oder den Einkauf nach Hause zu bringen. Und das man dann wegwirft. Eine Plastiktüte wird durchschnittlich innert 25 Minuten zu Müll. Die Abfallberge, die dadurch entstehen, sind enorm. Und eine der zuvor besten Eigenschaften von Plastik, seine Haltbarkeit, wird jetzt zum grossen Problem. Plastik besteht im Kern aus sogenannten Polymeren: Das sind sehr lange ineinander verschlungene Molekülketten. Sie sind der Grund dafür, dass Plastik so wunderbar formbar und stabil ist. Doch das bedeutet eben auch, dass Plastikabfälle praktisch nicht abbaubar sind. Oder doch nur über Jahrhunderte hinweg.
Plastik ist heute überall
Nicht nur die eindeutigen Plastik-Kandidaten sind in unserem Alltag präsent, wie zum Beispiel die Verpackungen, Wegwerfwindeln, Putzschwämme, Feuchttücher und Styroporbehälter für die Mittagspause. Plastik steckt auch in Zigarettenstummeln oder den Kunststofffasern vieler Kleidungsstücke, die bei jedem Waschgang in der Maschine herausgespült werden und ins Abwasser gelangen.
Plastikmüll ist nicht nur das, was mit blossem Auge sichtbar ist. Durch Pneu- oder Faserabrieb, Sonneneinstrahlung, Alterungs- und Zerfallsprozesse zerfällt Plastik in mikroskopisch kleine Teilchen. Dieses Mikroplastik verbreitet sich in der Umwelt, dringt über die Nahrungskette in die Zellen vieler Lebewesen ein und löst dort Entzündungen aus.
Packen wir’s an, nicht ein
Dass Plastik riesige Umweltprobleme verursacht, ist inzwischen vielen bewusst. 2016 hat sich die globale Bewegung breakfreefromplastic.org gegründet, die Konsumgüterkonzerne und Plastikproduzenten zur Verantwortung zieht. Heute geht die Entwicklung in Richtung wiederverwendbare oder biologisch abbaubare Kunststoffe. In immer mehr Städten entstehen Läden, die unverpackte Lebensmittel anbieten. In der EU sollen gewisse Einwegplastikprodukte wie Trinkhalme oder Plastikbesteck ab 2021 ganz verboten werden.
Die Schweiz baut eher auf Freiwilligkeit und die Kooperation des Detailhandels. Die "Raschelsäckchen" sind in vielen Läden seit 2016 gebührenpflichtig, es gibt vielerorts wiederverwendbare Baumwollbeutel und immer öfter stehen Container zur Rücknahme von Plastikabfällen bereit. Denn die weitaus beste Strategie im Kampf gegen Plastikmüll bleibt nach Ansicht vieler, dass er gar nicht erst entsteht.