Was war das für ein Stern, der kurz vor der Geburt von Jesus aufgetaucht sein soll und drei weise Männer aus dem Morgenland nach Bethlehem führte? Bis heute können wir nur mutmassen, um was für eine astronomische Erscheinung es sich dabei gehandelt haben könnte.
Komet, Supernova …
Spätestens seit dem 14. Jahrhundert wurde der Stern mit einem Schweif abgebildet, da man vermutete, es könne sich um einen Kometen gehandelt haben. Tatsächlich war der schon in der Antike bekannte Halley’sche Komet um den Jahreswechsel 12–11 v. Chr. am Nachthimmel zu sehen, doch sind sich die heutigen Historiker eigentlich einig, dass dies wohl nicht der Zeitpunkt von Jesu Geburt war (zwar kam er nicht genau im Jahr 0 zur Welt, aber doch wohl erst einige Jahre nach dieser Kometenerscheinung). Ausserdem frag sich, wie ein Komet, der nur wenige Wochen am Himmel sichtbar war, die Weisen auf ihrer langen Reise vom heutigen Iran bis nach Israel hätte führen können. Dasselbe Problem stellt sich, wenn der „neue Stern“ als plötzlich am Himmel erstrahlende Supernova interpretiert wird. Auch eine Supernova, also die Explosion eines massereichen Sterns am Ende seiner Lebensdauer, ist nämlich nur in aussergewöhnlichen Fällen länger als ein paar Wochen von der Erde aus zu beobachten.
… oder eine spezielle Planetenkonstellation?
Deshalb gibt es eine dritte Theorie zu dem in der Bibel beschriebenen Himmelsphänomen: Es könnte sich um eine sogenannte dreifache Konjunktion der grossen Planeten Jupiter und Saturn gehandelt haben. Ungefähr alle 20 Jahre verlaufen die Bahnen von Jupiter und Saturn so, dass die beiden Planeten sich (von der Erde aus gesehen) äusserst nahe kommen und am Himmel zu einem einzigen, sehr hellen Punkt zu verschmelzen scheinen. Dies nennt man eine Grosse Konjunktion. Sehr selten kommt es innerhalb von wenigen Monaten zu drei solchen Ereignissen, zwischen denen sich die Planeten am Himmel etwas voneinander weg und dann wieder aufeinander zu bewegen. Eine solche dreifache Konjunktion fand in den Jahren 7–6 v. Chr. statt, und gelehrte Astronomen zu jener Zeit hätten diese Erscheinung sogar vorausberechnen können. Ob die Bibel darauf Bezug nimmt, wenn von einem hellen neuen „Stern“ die Rede ist?
Kometenforschung – gar nicht so einfach
Das astronomische Wissen der antiken Hochkulturen ging in Westeuropa zu Beginn des Mittelalters leider grösstenteils verloren, so dass man mit vielen alten Aufzeichnungen nichts mehr anfangen konnte. Erst in der Renaissance erlebte die Astronomie in unseren Breitengraden wieder eine Blütezeit, und die Entwicklung leistungsfähiger Linsen und Teleskope ab dem 17. Jahrhundert ermöglichte neue Entdeckungen. Isaac Newtons Gravitationstheorie bildete die Grundlage für die Berechnung von Kometenbahnen; später verfeinerte Edmond Halley die Methode und sagte korrekt voraus, dass der (später nach ihm benannte) „Halley’sche Komet“ im Jahr 1758 wieder erscheinen würde. Andere seiner Voraussagen waren jedoch weniger erfolgreich. Um die Bahnen von Kometen zuverlässig zu berechnen, mussten erst noch viele weitere dieser unregelmässig wiederkehrenden Himmelskörper beobachtet und identifiziert werden. Allein zwischen 1786 und 1797 entdeckte beispielsweise die Astronomin Caroline Herschel bei ihren nächtelangen Sitzungen am Teleskop acht Kometen. Darunter war auch der Enckesche Komet; als seine Umlaufzeit und Bahn knapp 20 Jahre später korrekt berechnet wurden, war er (nach dem Halley’schen) erst der zweite Komet, bei dem dies gelungen war.
Heutzutage übernehmen softwaregesteuerte Teleskope die routinemässige Durchsuchung des Himmels nach spannenden astronomischen Objekten. So wurde auch der Komet NEOWISE entdeckt, der im Sommer 2020 von Auge am Himmel sichtbar war. Seine Flugbahn ist so ausgedehnt, dass er schätzungsweise erst in 6922 Jahren wieder unser Sonnensystem durchqueren wird. Das ist für einen Kometen keineswegs untypisch; kein Wunder, war es in früheren Zeiten so schwierig, wiederkehrende Kometen zu identifizieren und ihre Bahnen zu berechnen, da die meisten erst nach vielen Generationen wieder am Himmel zu sehen sind!