Von den meisten Genen hat der Mensch zwei Kopien, auf jedem Chromosom eine. Die eine Kopie wurde von der Mutter geerbt, die andere vom Vater. Das ist schon deshalb sinnvoll, weil im Falle eines defekten Gens die Kopie einspringen kann, damit aus einem einzelnen Gen-Defekt keine Nachteile entstehen.
Oft sind die Gen-Kopien chemisch geprägt. Das heisst, sie sind unterschiedlich aktiv, je nachdem, ob sie von der Mutter oder vom Vater kommen. Ein besonderes Beispiel dieser Prägung ist auf Chromosom 15 zu finden.
Auf Chromosom 15 kommen ganze Chromosomenabschnitte mit sogenannter genomischer Prägung vor. Dies bedeutet, dass auf diesen Abschnitten nur das vom Vater stammende Chromosom aktiv und dasjenige der Mutter stillgelegt ist. In anderen Regionen ist genau das Umgekehrte der Fall. Sind beide Genkopien komplett und weisen keine Fehler auf, hat diese genomische Prägung keinerlei negative Auswirkungen. Jedoch gibt es Fälle, wo diese genomische Prägung zu Problemen führen kann: Das sogenannte Prader-Willi Syndrom wird durch ein Gen ausgelöst, welches dieser genomischen Prägung unterliegt. Die väterliche Genkopie ist unvollständig oder fehlerhaft, und die Kopie der Mutter stillgelegt. Das Gen wird also nicht abgelesen oder resultiert in einem fehlerhaften Produkt, was den Hormonhaushalt durcheinanderbringt. Dies hat verschiedene Entwicklungsstörungen zur Folge – von unterentwickelter Muskelspannung über Lernbehinderungen bis zu übermässigem Hungergefühl und daraus folgendem Übergewicht.