Zahlen & Geschichte

Alexander von Humboldt – Erfinder der Ökologie

Alexander von Humboldt und sein Reisegefährte Aimé Bonpland im südamerikanischen Dschungel.

Alexander von Humboldt und sein Reisegefährte Aimé Bonpland im südamerikanischen Dschungel. Bild: Otto Roth/Wikimedia Commons, CC-Lizenz)

Forschungsreisender, Verfechter der Menschenrechte, Bergassessor, Kartenzeichner, Ökologe: Alexander von Humboldt war ein interdisziplinärer Forscher, der die Wissenschaften und das Verständnis der Menschen von der Welt nachhaltig prägte.

Die Leiden eines Preussen in Amerika

Im Jahr 1769 wird der Mann, der von seinen Zeitgenossen als "der berühmteste Mann nach Napoleon" betrachtet werden sollte, in eine Berliner Adelsfamilie geboren. Der junge Humboldt zeigt schon früh Interesse an den Naturwissenschaften und widmet sich dem Studium vieler Disziplinen, wie es für die Naturforscher der damaligen Zeit üblich ist.

Alexander von Humboldts Expedition nach Amerika

Alexander von Humboldts Expedition nach Amerika, 1799-1804. Bild: Alexrk/Wikimedia Commons, CC-Lizenz)

1790, im Alter von 21 Jahren, besucht Alexander von Humboldt zum ersten Mal Paris. Er wird von der dortigen gesellschaftlichen Dynamik erfasst und begeistert sich für die Menschenrechte. 1799 überquert Humboldt mit der Unterstützung der spanischen Krone den Atlantik und erreicht die spanischen Kolonien in Südamerika. Zusammen mit seinen Begleitern reist er fünf Jahre lang durch Venezuela, Kolumbien, Ecuador, Peru, Kuba und Mexiko (siehe nebenstehende Karte). Da die Forscher sich weigern, wie die örtliche Aristokratie von Einheimischen auf Stühlen getragen zu werden, vollziehen sie ihre Streifzüge auf zwei Beinen. Über die Üppigkeit dieser Gegenden staunend, sammelt Humboldt zoologisches und botanisches Material sowie Gesteinsproben und misst alle möglichen physikalischen Phänomene, selbst die überraschendsten, wie die Intensität der blauen Himmelsfarbe mit seinem unverzichtbaren Cyanometer. Im Jahr 1802 erreichen Humboldt und seine Gefährten die Anden und machen sich auf, den Vulkan Chimborazo zu besteigen. Sie kommen bis auf eine Höhe von 5878 Metern, eine Höhe, die damals noch niemand erreicht hatte.

Rückkehr in die Alte Welt

Auf dem Rückweg nach Europa macht die Gruppe einen Zwischenstopp in den Vereinigten Staaten von Amerika, wobei Humboldt es für seine Pflicht hält, Thomas Jefferson dort zu begrüssen. Er wird sein ganzes Leben lang einen regelmässigen Briefwechsel mit dem dritten Präsidenten der Vereinigten Staaten führen. Im Jahr 1804 erreichen Humboldt und seine Begleiter die französische Küste. Humboldt ist nun 35 Jahre alt. Er kehrt nach Paris zurück, wo er seine Forschungen intensiv weiterführt und zahlreiche wissenschaftliche Publikationen verfasst. Die Lage eines Preussen in Frankreich ist angesichts der Spannungen zwischen den beiden Ländern manchmal heikel, aber Humboldt zeigt sich diesen politischen Auseinandersetzungen gegenüber gleichgültig. Er ignoriert die Einladung seines Bruders, nach Hause zurückzukehren, und konzentriert sich darauf, ein herausragendes Werk vorzubereiten, das seine zahlreichen Entdeckungen zusammenfasst. Im Jahr 1826 wird Humboldt jedoch vom König von Preussen zur Rückkehr nach Berlin gezwungen. Nachdem er ein Jahr lang im Geist seiner Pariser Zeit an den preussischen Wissenschaftsinstitutionen gewirkt hat, nimmt er die Gelegenheit wahr und macht sich aufgrund einer Bitte der russischen Regierung ein letztes Mal auf den Weg, um die Minen im Ural zu vermessen.

Humboldt-Pinguin

Ein Humboldt-Pinguin, benannt nach seinem Entdecker. Bild: Chris Rice/Wikimedia Commons , CC-Lizenz)

Und der Mensch findet zurück zur Natur

Im brodelnden 19. Jahrhundert liegt der Schwerpunkt der Wissenschaft nicht mehr auf dem reinen Ordnen und Beschreiben von Fundstücken, sondern diese werden als Bausteine von umfassenderen Theorien angesehen. Wissenschaftler sind oft Abenteurer, Entdecker der Wildnis. Schon bevor Darwin seine Reise an Bord der Beagle antritt und der Keim der Evolutionstheorie in ihm aufgeht, schöpft Humboldt aus seinen Expeditionen eine ebenso bemerkenswerte Weltanschauung. Als Geograph, Biologe, Physiker und Anthropologe wendet Humboldt eine Methode der Enzyklopädisten des vorhergegangen Jahrhunderts an und synthetisiert alles Wissen, um Wissen zu etablieren und zu organisieren. Er bricht jedoch mit dem Vermächtnis von Descartes, das den Menschen von der Natur trennt und ihn zum Besitzer dieser Natur macht, die aus Ressourcen besteht, die genutzt und missbraucht werden können – eine Philosophie des dominierenden Menschen, die in gewisser Weise bis heute fortbesteht.

Aus seinen Erkenntnissen schlägt Humboldt eine Theorie vor, die so umfangreich wie sein Wissen ist, verdichtet in einem einzigen Werk, das die gesamte physische Welt beschreiben soll: "Kosmos – Entwurf einer physischen Weltbeschreibung". Humboldt fasst die Natur als ein "durch innere Kräfte bewegtes und belebtes Ganzes" auf. Der Mensch wird so wieder in die Natur zurückversetzt und wird zum Bestandteil eines grossen Systems, das alles integriert. Diese ganzheitliche Sicht der Welt wird zur wichtigen Inspirationsquelle für romantische Dichter, die vom Menschen in perfekter Harmonie mit der Tier- und Pflanzenwelt träumen.

Das in jüngster Zeit wieder erwachte Interesse an Humboldt wird insbesondere durch dessen Überlegungen über die Erhaltung der Umwelt genährt. Tatsächlich bemerkte der Naturforscher bei seinem Besuch in Südamerika den Zusammenhang zwischen der übermässigen Ausbeutung des Waldes und dem Austrocknen eines nahe liegenden Sees. Er gilt als einer der Väter der modernen Ökologie. Eine starke humanistische Neigung veranlasste ihn zeitlebens auch, sich für die Abschaffung der Sklaverei in den Kolonien, die Leibeigenschaft in Preussen oder die Emanzipation der Juden einzusetzen.

Humboldt verbrachte seine letzten Jahre zwischen Preussen und Frankreich und starb 1859. Er hinterliess der Nachwelt die Grundlagen der wissenschaftlichen Erforschung und einen tiefgreifenden Einfluss auf die Naturwissenschaften. Ein Mondmeer (Mare Humboldtianum), eine Meeresströmung an der Westküste Südamerikas (Humboldtstrom) und ... eine Pinguinart (Spheniscus humboldti) tragen den Namen Alexander von Humboldts und erinnern an diesen aussergewöhnlichen Mann, der Himmel und Meer mit dem Cyanometer in der Hand erkundete.

Weitere Quellen:

Erstellt: 04.08.2020
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