Und der Mensch findet zurück zur Natur
Im brodelnden 19. Jahrhundert liegt der Schwerpunkt der Wissenschaft nicht mehr auf dem reinen Ordnen und Beschreiben von Fundstücken, sondern diese werden als Bausteine von umfassenderen Theorien angesehen. Wissenschaftler sind oft Abenteurer, Entdecker der Wildnis. Schon bevor Darwin seine Reise an Bord der Beagle antritt und der Keim der Evolutionstheorie in ihm aufgeht, schöpft Humboldt aus seinen Expeditionen eine ebenso bemerkenswerte Weltanschauung. Als Geograph, Biologe, Physiker und Anthropologe wendet Humboldt eine Methode der Enzyklopädisten des vorhergegangen Jahrhunderts an und synthetisiert alles Wissen, um Wissen zu etablieren und zu organisieren. Er bricht jedoch mit dem Vermächtnis von Descartes, das den Menschen von der Natur trennt und ihn zum Besitzer dieser Natur macht, die aus Ressourcen besteht, die genutzt und missbraucht werden können – eine Philosophie des dominierenden Menschen, die in gewisser Weise bis heute fortbesteht.
Aus seinen Erkenntnissen schlägt Humboldt eine Theorie vor, die so umfangreich wie sein Wissen ist, verdichtet in einem einzigen Werk, das die gesamte physische Welt beschreiben soll: "Kosmos – Entwurf einer physischen Weltbeschreibung". Humboldt fasst die Natur als ein "durch innere Kräfte bewegtes und belebtes Ganzes" auf. Der Mensch wird so wieder in die Natur zurückversetzt und wird zum Bestandteil eines grossen Systems, das alles integriert. Diese ganzheitliche Sicht der Welt wird zur wichtigen Inspirationsquelle für romantische Dichter, die vom Menschen in perfekter Harmonie mit der Tier- und Pflanzenwelt träumen.