Portraits

Sina Senteler, Textiltechnologin

Bild: Sina Senteler

Sina Senteler ist Textiltechnologin. Sie entwirft die Motive für die bestickten Tüllspitzen, die feinste Lingerie veredeln. Sie weiss aber auch genau, wie eine Stickmaschine funktioniert.

Sina Sentelers Beruf verbindet technisches Verständnis mit einer grossen Portion Kreativität und zieht vielleicht gerade deswegen besonders junge Frauen an. Sina hat ihre Berufslehre vor kurzem abgeschlossen. Jetzt arbeitet sie in einem Traditionsunternehmen in St. Gallen, das seit vier Generationen Stickereien für Dessous, Prêt-à-Porter und exklusivste Haute Couture herstellt. Zu den Kunden gehören grosse Namen der Lingerie- und Modebranche, darunter Victoria’s Secret oder Chanel.

Sina ist Textiltechnologin Fachrichtung Design. Sie entwirft Stickereimuster, mit denen der Baumwolltüll für edle Feinwäsche bestickt wird. Ihr Tagesablauf ist schnell erzählt: „Ich zeichne eigentlich den ganzen Tag“, sagt sie. Manchmal von Hand – dann muss sie die fertigen Skizzen danach einscannen. Meist aber am Computer mit einem modernen Bildbearbeitungsprogramm. Mit der Zeichnung allein ist es allerdings nicht getan: Sina fügt immer auch genaue Angaben für die sogenannten Puncher:innen hinzu, die ihre Vorlage in Maschinencode für die computergesteuerte Stickereimaschine übersetzen. Weil Sina auch die traditionellen Handwerkstechniken genau kennt, weiss sie, wo welche Stichart, welche Stichlänge und welche Sticktechnik zum Einsatz kommen soll, damit ein bestimmter Effekt erzielt wird: „Je dichter die Stickerei, desto mehr kommt sie zur Geltung und desto hochwertiger ist sie“, erklärt Sina. Das ist gleichzeitig auch der „rechnerische Part“ ihrer Tätigkeit: Ihre Designs sollen möglichst raffiniert sein, aber dennoch bezahlbar bleiben. Diese Balance zu finden, ist nicht immer einfach. Die internationale Fashionwelt erwartet von der St. Galler Stickerei höchste Qualität, gleichzeitig ist die Konkurrenz aus Billiglohnländern erbarmungslos.

Manchmal entwirft Sina ihre Designs nach den Wünschen einzelner Kunden. Aber in der Regel sind sie für die neue Kollektion bestimmt, die das Unternehmen halbjährlich an den grossen Modemessen in Paris vorstellt. Dorthin mitreisen zu können und sich vor Ort von Trends, Materialien und Farben inspirieren zu lassen, statt ihre Recherchen in der unternehmenseigenen Bibliothek zu machen, würde Sina natürlich reizen.

Was Sina an ihrer Arbeit schätzt, ist die Kreativität und die künstlerische Freiheit – weniger sagen ihr die langen (und manchmal ein bisschen einsamen) Stunden am Computer zu. Trotzdem würde sie ihren Beruf andern unbedingt empfehlen: „Denn sich innerhalb eines durch vorgegebene Formate und Abstände limitierten Rahmens immer wieder neu zu erfinden, das ist einfach cool“, sagt Sina.

Erstellt: 25.09.2024
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