Unsere Sinnesorgane liefern uns Informationen über unsere Umwelt und über unseren Körper. Spezialisierte Sinneszellen und Rezeptoren werden dabei durch passende (man sagt auch: adäquate) Reize aktiviert.
Adäquate Reize
Eine Lichtsinneszelle wird nicht durch Töne aktiviert, sondern durch Licht. Licht ist also für Lichtsinneszellen der sogenannte adäquate Reiz. Bei Synästhetikern, die zum Beispiel beim Klang von Musik Farben wahrnehmen, entsteht diese Farbwahrnehmung nur im Gehirn und nicht als Folge der Reizung der Lichtsinneszellen durch Schallwellen. Auch die Sternchen, die du manchmal siehst, wenn du dir die Augen reibst, entstehen im Gehirn. Der Druck, den du auf die Augen ausübst, schickt Signale ans Gehirn, die als Lichtblitze interpretiert werden, obwohl kein Licht vorhanden ist.
Der Sehsinn ist in unserem Alltag extrem wichtig. Daher ist es sehr spannend zu erfahren, welche Bestandteile des Auges und welche Vorgänge uns ermöglichen, unsere Umwelt mithilfe des Lichts zu erfassen. Was Licht ist erfährst du im Artikel: "Was ist Licht? Und wie ermöglicht es uns zu sehen?"
Das menschliche Auge hat einen komplexen Aufbau. Damit wir etwas sehen können, müssen die einzelnen Teile im Auge ihre Aufgaben erfüllen und eng miteinander zusammenarbeiten. Hinzu kommt die Verbindung vom Auge zum Gehirn, welche uns letztendlich ermöglicht, dass wir sehen, was wir sehen. Was passiert nun genau, wenn das Licht, das von einem Gegenstand in der Umwelt reflektiert oder ausgestrahlt wird, in unser Auge eindringt? Verfolgen wir die Reise des Lichts durch unser Auge anhand der untenstehenden Zeichnung.
Von der Hornhaut bis zur Netzhaut
Als Erstes trifft das Licht auf die Hornhaut. Das ist eine robuste, durchsichtige Schicht, die den Augapfel vorne abschliesst und das einfallende Licht sehr stark bricht (ablenkt) und bündelt (fokussiert).
Das gebündelte Licht gelangt durch die vordere Augenkammer zur Pupille. Die vordere Augenkammer verleiht der Hornhaut ihre gewölbte Form und ermöglicht es ihr dadurch, das einfallende Licht zu bündeln. Die Pupille ist eigentlich ein Loch. Es ist die runde Öffnung in der Iris, die auch Regenbogenhaut genannt wird. Die Iris ist der farbige Teil des Auges. Die Augenfarbe variiert je nachdem wie viel Melanin, ein Pigment, in der Iris enthalten ist. Siehe dazu auch den Artikel „Weshalb haben alle neugeborenen Babys blaue Augen?“ Die Muskulatur der Iris steuert die Lichtmenge, die ins Auge fällt. So kann sich die Iris erweitern oder verengen, je nachdem wie hell es ist. Bei viel Licht zieht sie sich zusammen, wodurch die Pupillen kleiner werden. Wenig Licht hat den umgekehrten Effekt. Mehr Informationen dazu findest du in den Artikeln „"Warum werden unsere Pupillen in der Dunkelheit grösser?“ und „Pupillen sind immer rund oder?“.
Nun gelangt das Licht durch die Pupille zur Linse. Dort wird es zusätzlich gebündelt, so dass es als „Lichtbündel“ weiter ins Augeninnere gelangt. Diese Bündelung (Fokussierung) ermöglicht uns, dass wir die Dinge scharf sehen, auf die wir gerade blicken. Die Linse ist über die Zonulafasern am Ziliarmuskel befestigt. Der Ziliarmuskel steuert die Krümmung der Linse. Je nachdem wie stark die Linse gekrümmt wird, können wir nahe oder ferne Objekte scharf sehen.
Nachdem das Licht durch die Linse getreten ist, gelangt es durch den Glaskörper auf die Netzhaut, die auch Retina genannt wird. Der Glaskörper füllt das Auge aus und gibt ihm seine Form. Die Netzhaut kleidet den Augapfel innen aus und besteht aus den Lichtsinneszellen, die das Licht aufnehmen und in Nervenimpulse umwandeln. Es gibt zwei verschiedene, nach ihrer Form benannten Lichtsinneszellen, die Stäbchen und die Zapfen. Die Stäbchen ermöglichen uns das Hell-Dunkel-Sehen bei wenig Licht. Die Zapfen sind für das Farbensehen bei Licht verantwortlich. Mehr dazu kannst um im Artikel „Von Zapfen und Stäbchen“ lesen.
Wenn wir auf einen Gegenstand blicken, fällt das Licht, das davon ausgeht, direkt auf den sogenannten gelben Fleck in unserem Auge. Dieser Ort auf der Netzhaut enthält die höchste Dichte an Zapfen. Lies dazu auch den Artikel „Gelber Fleck und blinder Fleck – Was ist der Unterschied?“.
Von der Netzhaut bis zum Gehirn
Sobald das Licht auf die Lichtsinneszellen in der Netzhaut trifft, wird es in Nervenimpulse umgewandelt, die an Nervenbahnen weiter gegeben werden. Beim blinden Fleck durchstossen alle diese Nervenbahnen (als Sehnerv gebündelt) die Netzhaut und verlassen damit das Auge. Der Sehnerv ist die Verbindung zwischen Auge und Gehirn. Er leitet das Bild unserer Umgebung, das in der Retina in viele Signale transformiert wurde, ans Gehirn weiter. Das Gehirn ist in der Lage, die eintreffenden Signale zu einem aufrechten scharfen und seitenrichtigen Bild zusammenzusetzen - wir „sehen“.
Die Welt steht Kopf
Das Bild, das in unserem Gehirn entsteht, ist nirgendwo vorhanden im physikalischen Sinn. Im Gegensatz dazu, ist das Bild, das auf der Retina projiziert wird, reell (echt). Es steht allerdings auf dem Kopf und ist seitenverkehrt. Das liegt an der Physik. Lichtstrahlen, die vom Gegenstand reflektiert werden und auf den oberen Rand der Linse treffen, werden nach unten abgelenkt, während Strahlen, die auf den unteren Rand der Linse treffen, nach oben abgelenkt werden.
Geschützt und versorgt
Neben all diesen Bestandteilen mit ihren spezialisierten Funktionen, enthält das Auge auch verschiedene unterstützende und versorgende Strukturen. Dazu gehören die Bindehaut, die Aderhaut und die Lederhaut. Die Bindehaut verbindet das Auge mit den Innenseiten der Augenlieder, produziert Tränenflüssigkeit und verhindert, dass Fremdpartikel hinter den Augapfel gelangen. Die Aderhaut enthält Blutgefässe und versorgt die angrenzende Netzhaut mit Nährstoffen. Die zähe Lederhaut umschliesst den Augapfel fast vollständig und schützt ihn.
Zusammenfassend ist das Auge mit all seinen Bestandteilen in der Lage, unterschiedlich weit entfernte Objekte scharf auf der Netzhaut abzubilden. Die Brechung bzw. Bündelung der Lichtstrahlen erfolgt an der Hornhaut und der Linse. In der Netzhaut (Retina) bewirkt das Licht (bzw. die elektromagnetischen Wellen des Lichts) die Aktivierung und Erregung von Lichtsinneszellen. Diese Erregungen werden über den Sehnerv zum Gehirn weitergeleitet und wir können „sehen“, was sich in unserer Umwelt gerade abspielt.