Technik & Materialien

Wie Windräder dereinst tönen werden

Die simulierte Windturbine wird in die GIS-basierte 3-D Landschaft eingebettet

Die simulierte Windturbine wird in die GIS-basierte 3-D Landschaft eingebettet - so kann man einen guten Eindruck gewinnen, wie sie später einmal wirken wird.

Windräder erzeugen zwar umweltfreundlichen Strom, doch da sie sperrig in der Landschaft stehen und Lärm verursachen, laufen die Anwohner trotzdem häufig Sturm gegen neue Anlagen. Ein Tool soll nun bei der Planung helfen, die Auswirkungen von neuen Anlagen anschaulich aufzuzeigen.

Die Windenergie gilt bei vielen als vielversprechende Energieform. Doch wenn es um die Planung von konkreten Anlagen geht, schlägt die Euphorie schnell einmal in Skepsis um. Die künftigen Anwohnerinnen und Anwohner befürchten, die grossen Windräder würden das Landschaftsbild verschandeln und zu viel Lärm verursachen. Dabei ist es für die Betroffenen schwer, anhand von Plänen und Zahlen die Auswirkungen realistisch einzuschätzen.

Ein neues Tool soll nun Abhilfe schaffen: Im Projekt VisAsim entwickeln Forscherinnen und Forscher der ETH und Empa ein virtuelles Simulationsmodell, das eine realitätsnahe Darstellung der künftigen Anlagen ermöglicht und damit den Betroffenen einen zuverlässigen Eindruck vermittelt, was nach dem Bau der Anlage auf sie zukommen wird.

Zwei Hauptaufgaben

Die simulierte Windturbine wird in die GIS-basierte 3-D Landschaft eingebettet

Die simulierte Windturbine wird in die GIS-basierte 3-D Landschaft eingebettet - so kann man einen guten Eindruck gewinnen, wie sie später einmal wirken wird.

Konkret müssen die Forschenden zwei Aufgaben lösen: Sie müssen darstellen, wie die Landschaft mit den Windturbinen aussehen wird, und sie müssen zeigen, welche Geräusche die Turbinen machen werden. Für die erste Aufgabe ist der Lehrstuhl Planung von Landschaft und Urbanen Systemen an der ETH zuständig. «Für die Landschaftsdarstellung nutzen wir eine Software, die üblicherweise in Computerspielen zur Anwendung kommt», erklärt Projektleiterin Ulrike Wissen Hayek. «Mit dieser Software kann sich der Benutzer im virtuellen Raum frei bewegen, so wie er das von Computerspielen her gewohnt ist. Wir können damit auch die Bewegung der Windräder realitätsnah realistisch darstellen.» Die Spielsoftware kombinieren die Wissenschaftler mit Daten der amtlichen Vermessung, so dass die tatsächliche Landschaft genau abgebildet werden kann.

Für die zweite Aufgabe ist die Abteilung Akustik / Lärmminderung der Empa verantwortlich. Konkret gilt es hier zwei Herausforderungen zu lösen, wie Kurt Heutschi erläutert: «Wir simulieren zunächst das Geräusch, das die Windturbinen abstrahlen, und zwar in Abhängigkeit von der Windgeschwindigkeit. Danach berechnen wir, wie dieser Lärm in einigen hundert Metern Entfernung effektiv zu hören ist.» Dabei müssen die Forscher nicht nur berücksichtigen, dass das Geräusch mit der Distanz schwächer wird, sondern auch, dass Schallwellen an Felswänden und grösseren Objekten reflektiert werden und durch Bäume und Wälder verändert werden. «Eine weitere Schwierigkeit ist, dass die Schallausbreitung durch die Luft nicht immer gleich ist. Je nach Wind und Wetter ist das Geräusch der Windräder mehr oder weniger deutlich zu hören. Daraus ergibt sich eine sehr komplexe Berechnung.»

Prüfung anhand realer Anlagen

Die Geräusche der geplanten Anlagen werden anschliessend in einem 5.1.-Surround-System dargestellt. «Wir haben uns für dieses System entschlossen, weil es einen plausiblen Rundum-Höreindruck vermittelt», erklärt Heutschi. «So können wir auch Umgebungsgeräusche einbeziehen, an die man im ersten Moment nicht denkt. Es kann zum Beispiel sein, dass das Blätterrauschen im benachbarten Wald den Lärm der Windturbinen übertönt. Und solche Effekte wollen wir eben auch berücksichtigen.»

Wie gut die Darstellung von Windturbinen in Bild und Ton effektiv ist, wollen die Forschenden in einer zweiten Projektphase anhand einer bestehenden Anlage auf dem Mont Crosin überprüfen. «Das Beispiel wird zeigen, ob unsere virtuelle Darstellung wirklich einen realistischen Eindruck vermittelt», hält Ulrike Wissen fest. «Gelingt uns dies, kann das neue Tool bei künftigen Planungen eingesetzt werden.»

Surround Systeme

Töne und Geräusche möglichst realitätsnah nachbilden, diesem Ideal streben Toningenieure schon lange nach. Ein erster Schritt dazu war die Stereotechnik, bei der mit Hilfe von zwei separaten Wiedergabekanälen eine gewisse Richtungsinformation vermittelt wird. Noch einen Schritt weiter ging die Quadrophonie, die mit Hilfe von vier Lautsprechern eine räumliche Klangwiedergabe anstrebte. Diese erwies sich allerdings als Flop, weil der Gewinn an Wiedergabequalität den technischen Zusatzaufwand nicht rechtfertigte.

In den letzten Jahren kamen nun Surround-Systeme auf den Markt, die den Klang mit fünf oder sechs Kanälen wiedergeben. Dazu gehört auch System Surround Sound 5.1, das heute in Kinos, aber auch in vielen Wohnzimmern zum Einsatz kommt. Das 5.1-System besteht aus zwei Haupt- und einem Centerlautsprechern, die vor dem Zuhörer platziert werden, zwei Surroundlautsprechern, die hinter dem Zuhörer angebracht sind, sowie einem separaten Subwoofer für tiefe Töne. Alle sechs Kanäle werden einzeln aufgenommen, gespeichert und wiedergegeben. Dadurch entsteht ein sehr realistisches räumliches Klangbild, das dem Zuhörer den Eindruck vermittelt, er sitze mitten im Geschehen.

Die 3-D-Darstellung zusammen mit den simulierten Geräuschen im Surround System ergeben einen realistischen Eindruck

Die 3-D-Darstellung zusammen mit den simulierten Geräuschen im Surround System ergeben einen realistischen Eindruck.

Text: SATW / Felix Würsten

Bilder: VisAsim / ETH Zürich
Quelle: Technoscope 3/11: Virtuelle Realität
Technoscope ist das Technikmagazin der SATW für Jugendliche

 

Erstellt: 04.02.2013

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