Technik & Materialien

Wie Computertechnologie die Chemie der Zukunft revolutioniert

Roboterhand im Chemielabor

Wie wird die zukünftige Arbeitswelt in der Chemie aussehen? Wirst du mit Roboterkollegen zusammenarbeiten oder mithilfe einer Virtual-Reality-Brille lebensrettende Medikamente entwickeln? Computergestützte Werkzeuge haben bereits heute die Art und Weise geprägt, wie wir Chemie betreiben. Bild: AI-generiert, PT – stock.adobe.com

Wie wird die Chemie der Zukunft aussehen? Wie wird das Zeitalter der Computertechnologie, der digitalen Transformation und der künstlichen Intelligenz die Chemie von morgen prägen? Wenn wir einen Blick auf diese Technologien werfen, sehen wir, dass sie die Chemie bereits beträchtlich beeinflusst haben.

Die Nachrichten sind voll von den neuesten Durchbrüchen in der künstlichen Intelligenz. Du hast wahrscheinlich schon von Computerprogrammen gehört, die Schachgrossmeister schlagen, Bilder wie ein Künstler malen oder Aufsätze zu jedem beliebigen Thema schreiben können. Besonders „neuronale Netzwerke“, eine Technologie des maschinellen Lernens, die ursprünglich von der Interaktion der Neuronen im Gehirn inspiriert wurde, haben in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Aber wusstest du, dass Computer bereits in den 1950er Jahren begannen, die Chemie zu verändern? Seitdem hat die Kombination der Leistungsfähigkeit von Chemie und Computern zur Entstehung mehrerer neuer chemischer Disziplinen geführt.

Quantenchemie

Die Quantenchemie nutzt das Prinzip der Quantenmechanik, um die Grundlagen der Chemie auf subatomarer Ebene zu erforschen. Dieses Prinzip nutzt mathematische und rechnerische Modelle, um das Verhalten von Atomen und Molekülen zu berechnen oder abzuschätzen. Dies wäre mit klassischer Physik nicht möglich. Mit Hilfe der Quantenchemie kann man verstehen, wie chemische Reaktionen ablaufen, wie Materialeigenschaften entstehen und wie Materialien miteinander wechselwirken. Sie wird auch verwendet, um neue Medikamente zu entwickeln, neue Materialien zu entwerfen und Technologien wie Solarzellen und Computerchips zu verbessern. Ihre Stärke ist ihre Genauigkeit; der Preis dafür ist jedoch ein hoher Bedarf an Rechenressourcen. Die Quantenchemie bietet einen faszinierenden Einblick in die Struktur der Materie und die Kräfte, die unsere Welt formen.

Die Schrödinger-Gleichung: eine Erklärung der Quantenmechanik

Wenn es einen Superstar der Quantenmechanik gibt, dann ist es die Schrödinger-Gleichung! Die Schrödinger-Gleichung wurde 1925 von dem österreichisch-irischen Physiker Erwin Schrödinger postuliert. Ganz grob gesprochen sagt die Gleichung voraus, welchen Weg ein physikalisches System im Lauf der Zeit nimmt. Da es sich um ein Konzept der Quantenmechanik handelt, lässt sich mit dieser Gleichung die atomare Ebene beschreiben: Das beschriebene physikalische System kann ein einzelnes Atom sein, z. B. ein Wasserstoffatom.

Die Schrödinger-Gleichung gibt also an, wo sich das Elektron des Wasserstoffatoms mit grösster Wahrscheinlichkeit befindet und wie sich dieser Aufenthaltsort über die Zeit verändert. Diese Gleichung nennt man auch die „Wellenfunktion“ des Elektrons.

Darstellung verschiedener möglicher Zustände des Wasserstoff-Atoms als "Wolkenmodell"

Wellenfunktion des Wasserstoffs. Bild: adaptiert von Wikimedia Commons

Molekulardynamik

Im Gegensatz zur Quantenchemie, die Moleküle auf der Ebene von Elektronen und Protonen betrachtet, untersuchen klassische Molekulardynamik-Simulationen das Verhalten der Welt auf der Ebene von Atomen. Sie haben eine geringere räumliche Auflösung (arbeiten also mit grösseren Dimensionen), haben aber den Vorteil, dass sie die extrem schnellen Vorgänge bei chemischen und biochemischen Experimenten modellieren können.

Durch den Einsatz von Molekulardynamik-Simulationen können Wissenschaftler die Bewegung von Partikeln in einem System unter verschiedenen Bedingungen simulieren. Dabei können sie beobachten, wie Moleküle interagieren, wie ein Medikament an sein Ziel bindet oder wie sich Materialien unter verschiedenen Umweltfaktoren wie Temperatur und Druck verhalten. Molekulardynamik-Simulationen können Einblicke in komplexe Phänomene liefern, die experimentell schwer zu untersuchen sind, und können bei der Entwicklung neuer Medikamente und Materialien helfen.

Chemoinformatik

Die Chemoinformatik kombiniert spezialisierte Software und grosse Datenbanken, um grosse Mengen chemischer Daten zu analysieren und Vorhersagen über die Eigenschaften neuer Verbindungen zu treffen. Dies ist sehr nützlich bei der Arzneimittelforschung, wo die Chemoinformatik helfen kann, aus früheren Experimenten zu lernen, die in einer Datenbank gespeichert sind. Mit Werkzeugen wie „maschinellem Lernen“ oder „Data Mining“ nutzen Wissenschaftler dieses Wissen, um potenzielle neue Medikamente zu identifizieren oder die Toxizität von Verbindungen vorherzusagen.

Maschinelles Lernen

Maschinelles Lernen wird in der Chemie unter anderem bei der Entwicklung von Vorhersagemodellen eingesetzt. Diese Modelle verwenden Algorithmen, um grosse Datenmengen zu analysieren und Vorhersagen über das Verhalten von Molekülen und chemischen Reaktionen zu treffen. Dadurch können Forscher neue Verbindungen und Materialien effizienter entwickeln, ohne so viele Experimente im Labor durchführen zu müssen. Maschinelles Lernen hilft auch dabei, viele Routineaufgaben im Labor zu automatisieren, wie etwa das Messen chemischer Eigenschaften und das Analysieren von Daten. Dadurch können Wissenschaftler mehr Zeit für kreative und innovative Forschung aufwenden.

Die Zukunft

Wie sieht die Zukunft der Chemie aus? Das kann dir nicht einmal die schlauste KI sagen. Aber wir sind sicher: Es wird spannend! Wenn du dich für Berufe in diesem Bereich interessierst, hast du auf jeden Fall viele Möglichkeiten, die Zukunft mitzugestalten.

Text: Stephanie M. Linker und Carla Miró-Vinyals (Übersetzung Marie-Désirée Schlemper-Scheidt), Redaktion SimplyScience.ch

Erstellt: 10.07.2024
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