Doch was ist mit der digitalen Kunst, auch Net Art genannt? Der Kunst also, die nicht mit Pinsel und Leinwand, mit Stein und Meissel oder mit der Druckerpresse arbeitet, sondern mit den Tools des Informationszeitalters. Sie beruht auf den Nullen und Einsen des Computercodes – und kann deshalb auch beliebig kopiert oder verändert werden. Mit dem neuen Photoshop zum Beispiel lassen sich auf digitalen Fotos im Handumdrehen Bildelemente verändern, löschen oder durch neue ersetzen. Den Wert von Gemälden oder Skulpturen konnten digitale Kunstwerke deshalb lange nicht erreichen.
Doch nun gibt es NFT – und plötzlich erzielt auch die digitale Kunst Preise in Millionenhöhe. Die Abkürzung NFT steht für Non-Fungible Token (nicht-austauschbarer digitaler Schlüssel). Mit einem NFT wird einer digitalen Datei (ob MP4-File, Video, Meme oder Avatar) ein digitaler Einzigartigkeits-Stempel verpasst, der sie eindeutig identifizierbar macht und einem einzigen Besitzer zuschreibt. NFT werden in einer Blockchain gespeichert: Die darin enthaltenen Informationen sind somit auf verschiedenen Servern hinterlegt, öffentlich einsehbar und unveränderlich, zusätzliche neue Informationen wie ein Besitzwechsel werden hinzugefügt. Provenienz und Echtheit sind bei einem NFT-Kunstwerk also immer lückenlos dokumentiert. Das macht die "Nifties" auch für den traditionellen Kunstmarkt interessant: Sie können Herkunft und Echtheit eines Werkes verlässlicher bescheinigen als ein Papierzertifikat.
Der NFT-Hype in der digitalen Kunst ist jedoch bereits wieder abgeflaut: Wahnsinnspreise wie zu Beginn des NFTBooms erzielt sie inzwischen nicht mehr.
Der Zahn der Zeit
Leinwand wird brüchig, Farbe blättert ab. Aber auch der digitalen Kunst setzt der Zahn der Zeit zu. Vielleicht sogar noch schneller und stärker. Datenträger veralten und sind nicht mehr brauchbar, desgleichen Abspielgeräte, Betriebssysteme und Software. Wer wüsste heute noch etwas mit einer Floppy-Disk oder einer VHS-Kassette anzufangen? Und hat irgendjemand noch einen Schwarz-Weiss-Röhrenfernseher zu Hause? Die kurze Verfallszeit digitaler Kunstwerke beschäftigt Museen und Sammlungen und ist auch in der Kunstausbildung ein Thema: Wer an der Berner Fachhochschule Konservierung und Restaurierung studiert, kann sich auf die Erhaltung von modernen Materialien und Medien spezialisieren.