Egal ob wir Zug oder Auto fahren, unsere Wohnung im Winter heizen oder das Licht anschalten – ohne Energie geht gar nichts. Selbst in unseren Nahrungsmitteln steckt jede Menge Energie; so ist zum Beispiel für die Produktion eines Stücks Fleisch wesentlich mehr Energie nötig als für eine Tomate. Die Privathaushalte tragen heute mit ihren täglichen Aktivitäten rund 30 Prozent zum weltweiten Energieverbrauch bei. Das Sparpotenzial ist enorm und laut dem Bund sollen die Schweizer Haushalte in den kommenden 20 Jahren bis zu 35 Prozent ihres jährlichen Energieverbrauchs gegenüber demjenigen des Jahrs 2000 einsparen.
Sparen wo`s am wenigsten weh tut
Unter welchen Bedingungen Konsumenten überhaupt bereit sind, aus eigenem Antrieb Energie zu sparen, dafür interessiert sich der Sozialwissenschaftler Michael Siegrist. Seine Forschungsgruppe an der ETH Zürich hat über tausend Schweizer Bürger und Bürgerinnen danach befragt, ob und wie sie Energie sparen und was ihre Motivation dafür ist. «Die Studie zeigt, dass nur etwa ein Drittel der Schweizer Bevölkerung bereit ist, ihr eigenes Verhalten zugunsten eines kleineren Energieverbrauchs zu ändern», sagt Siegrist.
Obwohl die Bereitschaft zum Energiesparen und die Gründe dafür sehr unterschiedlich sind, gibt es doch auch klare Tendenzen: «Die meisten Leute sind dort bereit Energie einzusparen, wo ihr Komfort am wenigsten eingeschränkt wird», kommentiert Siegrist die Ergebnisse. Deshalb unterscheiden die Forscher auch zwischen einmaligen, kurzfristigen Aktionen, wie dem Kauf eines energiesparenden Gerätes, und längerfristigen Verhaltensänderungen, zum Beispiel indem man die Heizleistung in Zimmern reduziert, in denen man sich selten aufhält.
Gleichzeitig fällt auf, dass der Preis für die meisten Menschen der wichtigste Anreiz für energieeffiziente Entscheidungen ist. Das heisst: Je teurer der verschwenderische Umgang mit Energie ist, desto grösser ist der Anreiz zum Sparen. Für einen Fünftel der Befragten ist jedoch selbst der Preis kein eindeutiger Motivator. Sie interessieren sich überhaupt nicht für Energiefragen und fühlen sich auch nicht verantwortlich für allfällige negative Konsequenzen, die ihr Verhalten für die Gesellschaft haben könnte.
Hohes Gehalt als Energietreiber
Die Studie belegt auch, dass diejenigen Befragten, die den sparsamen Umgang mit Energie am stärksten befürworten, am besten über Energiethemen Bescheid wissen. Sie sind zudem eher zu eigenen Einschränkungen bereit. Trotzdem glaubt Siegrist nur bedingt daran, dass mehr Bildung automatisch zu weniger Energieverbrauch führt. «Der wichtigste Treiber ist das Einkommen», erklärt er. Wer es sich leisten könne, lebe in einer grösseren Wohnung, esse mehr Fleisch und fahre ein stärkeres Auto. Und meist sind das Menschen mit einer guten Ausbildung.
Noch sind nicht alle Geheimnisse des Konsumenten gelüftet: Um sein Verhalten besser zu verstehen, fehlen unter anderem Studien über die Wirkung von zusätzlichen Informationen. In der Schweiz zum Beispiel zeigen beim Kauf von Elektrogeräten oder Autos Energieetiketten an, welche Produkte in Bezug auf ihre Leistung am wenigsten Energie benötigen. Siegrist führt nun ein neues Forschungsprojekt für den Bund durch. Mit «Eyetracking», also mit Brillen, die die Augenbewegungen der Probanden aufzeichnen, soll gemessen werden, wie lange sich Konsumenten tatsächlich mit den Informationen zur Energieeffizienz befassen. Siegrist wagt bereits eine Prognose: «Wahrscheinlich wird die Wirkung gemeinhin überschätzt.»
«Rebound-Effekt»: Eingespart und gleich wieder verbraucht
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Wolfram-Glühbirne eingeführt, die nur noch ein Viertel des Stroms der älteren Kohlefaser-Lampe verbrauchte. Viele Elektrizitätswerke waren besorgt: Würden sie bald nur noch einen Viertel des bisherigen Stroms verkaufen und ihre Gewinne dadurch einbrechen? Die Sorge war unbegründet: Die Wolframlampe wurde zum Massenmarkt und obwohl die Beleuchtung nun stromeffizienter war, wurde mehr Strom konsumiert als je zuvor. Dasselbe beobachtet man bis heute: Oft werden Energieeinsparungen dank neuen, effizienteren Technologien vollständig oder zumindest teilweise durch einen höheren Verbrauch kompensiert. Der Grund dafür sind die sinkenden Kosten: Weil die gleiche Dienstleistung (zum Beispiel Licht im Wohnzimmer) weniger Strom benötigt, wird sie billiger und dadurch auch stärker nachgefragt.
Text: SATW / Samuel Schläfli
Quelle: Technoscope 1/13: Energie im Alltag. Technoscope ist das Technikmagazin der SATW für Jugendliche.
Alle Artikel dieser Technoscope-Ausgabe sind im Dossier "Energie im Alltag" auf SimplyScience.ch zusammengefasst.
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