Tiefe Temperaturen, starke Winde, viel Schnee und wenig Nahrung – die Bewohner des Gebirges sind wahre Überlebenskünstler. Murmeltiere zum Beispiel machen einen Winterschlaf und verlangsamen alle Körperfunktionen. Steinböcke und Gämsen fressen sich ein dickes Fettpolster an. Und das Schneehuhn besitzt ein warmes Daunengefieder und gräbt sich Höhlen im Schnee.
Der einzige ganzjährige Gletscherbewohner
Der Held des Hochgebirges aber ist nur gerade 1.5–2.5 mm gross, tiefschwarz und mag am liebsten Temperaturen um den Gefrierpunkt – der Gletscherfloh.
Gletscherflöhe gehören zu den Insekten, genauer zur Klasse der Springschwänze. Sie leben als einzige Lebewesen ganzjährig in Gletschern. Auf der hellen Oberfläche sind die kleinen schwarzen Kerle gut sichtbar, vor Fressfeinden müssen sie jedoch an diesem kalten Ort keine Angst haben.
Gemütliche Höhlen und Pollen zum Fressen
Früher hielt man die kleinen schwarzen Punkte für vom Himmel gefallene Würmer. Doch irgendwann fanden Forscher heraus, dass die Gletscherflöhe die meiste Zeit in der Grenzschicht zwischen dem Gletschereis und der darauf liegenden Schneedecke leben. Hier sammelt sich auch der „Gletscherschlamm“ (wissenschaftlich nennt man ihn „Kryokonit“). Das ist ein mit dem Wind angewehter Mix aus kleinen Teilchen, wie Staub, Blütenpollen und Pflanzenresten. Dieser Gletscherschlamm ist dunkel gefärbt, darum schmilzt die Sonne den Schnee und das Eis darunter schneller. Es entstehen kleine Löcher, die ideale Behausungen für die Gletscherflöhe sind. Die kleinen Tiere ernähren sich nämlich von den Pollen und Pflanzenresten darin.
Ein cleverer Trick gegen die Kälte: „Frostschutzmittel“
Im Gletscher wird es ganz schön kalt, und der Gletscherfloh kann sich natürlich keine warme Jacke anziehen. Trotzdem sind Temperaturen von –15 °C für ihn kein Problem, denn sein kleiner Körper ist bestens an die Kälte angepasst. In seinem Körper finden sich verschiedene Zucker- und Alkoholverbindungen, die wie eine Art Frostschutzmittel wirken und den Gefrierpunkt seiner Körperflüssigkeit herabsetzen. So wird die Bildung von gefährlichen Eiskristallen im Körper verhindert.
Gletscherflöhe sind übrigens wie alle Insekten wechselwarm, das heisst, ihre Körpertemperatur ist gleich wie die Temperatur der Umgebung. Sie empfinden das Leben im Gletscher also nicht als „kalt“ und frieren auch nicht wie wir Menschen.
Erst im Sommer wird’s gefährlich ...
Im Winter fühlt sich der Gletscherfloh also pudelwohl. Der Sommer hingegen ist gefährlich für ihn. Perfekt an die Kälte angepasst, erträgt sein Körper keine zu hohen Temperaturen. Bereits bei 12 °C stirbt der kleine Gletscherfloh!
Der Sommer bringt auch noch eine andere Gefahr – das Schmelzwasser. Zum Glück kann der Gletscherfloh mit seinem „Sprungschwanz“ bei Gefahr hoch in die Luft und weit weg springen. Und er benutzt noch einen weiteren cleveren Trick gegen die „Überflutung“: Beim Putzen überzieht er seinen Körper mit einer öligen, wasserabweisenden Substanz. Wird seine Behausung überflutet, zieht diese Substanz eine Luftblase um seinen Körper mit. So kann der Gletscherfloh für gewisse Zeit unter Wasser atmen und wird ausserdem dank der Luftblase an die Wasseroberfläche getrieben.