Inmitten von Schnee zu verdursten klingt fast unmöglich. Aber leider sind Beispiele von Bergsteigern bekannt, denen genau das passiert ist. Denn wer keine Hilfsmittel bei sich hat, um den Schnee zu schmelzen, kann mit Schnee essen allein nicht genügend Flüssigkeit zu sich nehmen.
Beides ist gefährlich: zu wenig Wasser…
Schnee ist zwar Wasser, aber in gefrorener Form. Seine Dichte ist viel geringer als die von flüssigem Wasser. Das bedeutet, dass man – je nach Schneeart – mindestens zehn Liter Schnee zu sich nehmen müsste, um einen Liter Wasser zu trinken! Und Bergsteiger brauchen in grosser Höhe wegen der veränderten Umweltbedingungen täglich sogar fünf Liter Wasser.
Doch selbst wenn man sich vornehmen würde, diese riesigen Schneemengen zu essen: schaffen würde man es nicht. Denn schliesslich muss jeder Bissen Schnee im Mund geschmolzen werden. Das verbraucht wertvolle Energie, die man in einer Notsituation irgendwann nicht mehr entbehren kann. Ausserdem würde einem nach kurzer Zeit sowieso der Mund einfrieren.
…und zu viel Wasser
Doch auch Bergsteiger, die mit Hilfe eines Kochers genügend Schnee schmelzen könnten, könnten wegen des Schnees sterben. Aber nur dann, wenn sie nichts zu essen dabei hätten. Das klingt zwar völlig verrückt, ist aber eigentlich ganz logisch: In unserem Körper findet sich Flüssigkeit nicht in Form von reinem Wasser, sondern immer gemischt mit bestimmten Mineralsalzen. In unseren Zellen herrscht ein ganz bestimmtes Wasser-Salz-Verhältnis, das unser Körper ständig beibehalten muss, um gut zu funktionieren.
Wenn wir nun viel Flüssigkeit ohne Mineralien trinken, stimmt dieses Verhältnis nicht mehr, und der Körper reagiert darauf mit Erbrechen, Übelkeit, Kopfschmerzen und Herzklopfen. In extremen Fällen kann das zum Koma und sogar zum Tode führen. Für gewöhnlich müssen wir uns aber nicht um den Mineralstoffgehalt unserer Getränke sorgen, da wir bereits mit dem Essen genügend Salze zu uns nehmen. Wenn aber einem verirrten Bergsteiger ohne Vorräte nur das sehr mineralstoffarme Schneewasser zur Verfügung steht, kann er seinen normalen Wasser-Salz-Haushalt tatsächlich nicht mehr aufrechterhalten.
Diese „Wasservergiftung“ kann einem übrigens auch an einem heissen Sommertag passieren, wenn man viel geschwitzt – und damit Salz verloren –, wenig gegessen und getrunken hat und dann auf einen Schlag sehr viel Leitungswasser trinkt.
Keine Angst vor Schnee!
Im Schnee oder sogar wegen des Schnees zu verdursten ist also möglich, aber extrem selten. Wer sich beim Schlitteln mal eine Handvoll Schnee in den Mund stopft, kann das kühlende Nass ruhig geniessen. Sorgen um einen Mineralstoffverlust muss er sich keine machen – höchstens um die Umweltverschmutzung. Denn leider ist der Schnee mit Schadstoffen aus der Luft belastet, was einem bei einem empfindlichen Magen Bauchschmerzen und Durchfall bereiten kann.