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Die Wissenschaft des Brots

Brote

Was zeichnet ein gutes Brot aus? Bild: CanStockPhoto

Was zeichnet ein gutes Brot aus? Und wie kann man es länger haltbar machen? Diesen Fragen geht der ETH-Forscher Simon Kuster in seinem Labor nach.

Brotanalytik

Visuelle Brotanalytik

  1. Normales Foto der Brotscheibe.
  2. Berechnete Lammellenformverteilung zum Nachvollziehen, wie der Teig geknetet und wie gut er gegärt wurde.
  3. Farbige Darstellung der Blasengrösse, je heller desto grösser.
  4. Farbige Darstellung der Homogenität der grossen Blasen in der Brotscheibe.

Bild: Sabina Hofstetter

Immer neue, immer raffiniertere Produkte bringt die Lebensmittelindustrie auf den Markt. Denn die Forschenden in den Labors finden immer genauer heraus, wie man Lebensmittel gesünder, schmackhafter und länger haltbar machen kann. Doch ausgerechnet beim Brot, einem der ältesten Lebensmittel überhaupt, gibt es für die Wissenschaft noch immer viele offene Fragen, erklärt Simon Kuster. Der wissenschaftliche Mitarbeiter am Labor für Lebensmittelverfahrenstechnik der ETH Zürich untersucht mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verschiedene Aspekte der Brotherstellung. Sein Ziel ist es, das Brot haltbarer und bekömmlicher zu machen und die Herstellung nachhaltiger zu gestalten.

Neue Rezepturen für Kuchenteig

Kuster tüftelt beispielsweise zusammen mit der Grossbäckerei Jowa, welche Brotprodukte für die Migros herstellt, an neuen Rezepturen für Kuchenteig. «Bei der Herstellung des Weissmehls für den Kuchenteig entsteht viel Abfall, da Weissmehl einen relativ geringen Ausmahlgrad hat», erklärt Kuster. Für Weissmehl wird nur der innere Kern des Korns verwendet, was zwischen 30 und 60 Prozent des Korns entspricht. «Würde man für den Kuchenteig dunkleres Mehl verwenden, könnte man einen höheren Anteil des Korns nutzen.» Ob die Konsumenten das akzeptieren würde, ist aber unklar. Denn Kuchenteig mit Ruchmehl ist nicht nur dunkler, sondern er verfärbt sich bei der Lagerung auch schneller. «Die für diese Verfärbung verantwortlichen Enzyme sind die gleichen, die auch Äpfel und Bananen braun werden lassen», meint Kuster. Die Verfärbung lässt sich mit Zusatzstoffen unterbinden. Allerdings wird dann der Teig beim Backen auch nicht mehr schön braun. «Mit unserer Forschung versuchen wir, möglichst genau zu verstehen, welche Prozesse sich im Teig abspielen», meint Kuster. «Wir liefern wissenschaftlich solide Grundlagen, mit denen die Industrie ihre Produkte dann gezielt verbessern kann.»

Ersatzstoffe für Gluten gesucht

Das versucht Kuster mit seinem Team auch beim glutenfreien Brot. Das Klebereiweiss Gluten, das in Getreide wie Weizen, Dinkel oder Roggen vorkommt, führt bei Menschen mit einer Zöliakie zu einer chronischen Erkrankung der Dünndarmschleimhaut. Man geht davon aus, dass in der Schweiz ungefähr ein Prozent der Bevölkerung von einer Zöliakie betroffen sind. Glutenfreies Brot entspricht also einem Bedürfnis. Im Brot sorgt Gluten dafür, dass der Teig genügend elastisch ist. Wenn man Wasser, glutenhaltiges Mehl und Hefe mischt, entsteht ein Schaum mit vielen kleinen Blasen – die Grundlage für ein luftiges Gebäck. «Ein glutenfreies Brot herzustellen, das gleich gut schmeckt wie normales Brot, ist eine extreme Herausforderung», erklärt Kuster. Ersatzstoffe gibt es zwar einige, etwa Kartoffel- oder Maisstärke. Doch sie haben alle ihre Nachteile. «Der Ersatzstoff sollte möglichst geschmacksneutral sein, er sollte beim Backen nicht karamellisieren, weil das Brot sonst bitter schmeckt, er darf nicht zu teuer sein – und er sollte eben dafür sorgen, dass der Teig genügend elastisch wird.

Und noch eine andere wichtige Frage beschäftigt Kuster: Wie lässt sich das Brot länger haltbar machen? «Es gibt massenhaft Vorschläge, wie man den Alterungsprozess verzögern könnte», meint er. «Doch was sich im gebackenen Brot tatsächlich abspielt, verstehen wir immer noch zuwenig genau.» Denn es sind viele Vorgänge, die sich da gleichzeitig abspielen: Die Stärke beginnt zu kristallisieren, einzelne Komponenten oxidieren und reagieren miteinander, das Wasser gelangt aus der inneren Brotkrume in die Kruste und verdunstet dort – es ist nicht ganz einfach, die Übersicht über alle diese Vorgänge zu behalten. Doch genau das brauche es, ist Kuster überzeugt. «Nur wenn wir das Gesamtbild im Auge haben, finden wir auch einen Weg, wie man die Haltbarkeit des Brots verlängern kann.»

Viel Energie für Frische

Lebensmittel sollen bekömmlich, preiswert und möglichst auch gesund sein. Wie viel Energie für die Herstellung aufgewendet wurde, ist dagegen weniger wichtig. So ist warmes und frisch duftendes Brot, das aus dem Aufbackofen im Laden selbst kommt, sehr verführerisch, jedoch ökologisch nicht unbedenklich. Zwar können die Grossverteiler die Menge Brot, die sie in die Regale stellen, genauer regulieren, sodass weniger Abfälle anfallen. Doch dazu braucht es mehrere Schritte, die alle viel Energie benötigen: Das Brot wird zunächst in der Fabrik vorgebacken, danach tiefgekühlt, in Kühltransportern in den Laden gebracht und dort im Tiefkühler gelagert, bevor es dann in einem kleinen und wenig effizienten Ofen fertiggebacken wird.

Erstellt: 01.09.2015
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