Das James-Webb-Teleskop registriert mit seinen Messinstrumenten hauptsächlich Infrarotstrahlung. Auch die Sonne strahlt im Infrarotbereich, und zwar so stark, dass die Instrumente des Teleskops so gesättigt würden, dass es das Licht von weiter entfernten Sternen nicht mehr wahrnehmen könnte. Daher muss das Teleskop der Sonne den „Rücken“ zuwenden, aber das reicht nicht aus: viel Licht wird ja von der Erde reflektiert. Deshalb wurde das Teleskop weit weg von unserem Planeten platziert – mehr als dreimal so weit, wie der Mond entfernt ist, nämlich 1.5 Millionen Kilometer. Diese Entfernung wurde nicht zufällig gewählt, denn hier befindet sich der Lagrange-Punkt L2 [2].
Was ist nun das Besondere an diesem sogenannten Lagrange-Punkt? Im 18. Jahrhundert entdeckte der Mathematiker Joseph-Louis Lagrange bei der Lösung eines mathematischen Problems fünf Punkte, an denen ein kleines Objekt von der Erde und der Sonne gleichermassen angezogen wird und die Sonne mit derselben Geschwindigkeit umkreist wie die Erde [7]. Mit anderen Worten: Es sind fünf Punkte im Weltraum, an denen ein Satellit „stehen bleiben“ kann. Sie sind so etwas wie die Parkplätze unseres Sonnensystems! Das Ingenieurteam des James-Webb-Teleskops beschloss daher, den Satelliten an den zweiten dieser fünf Punkte zu schicken: den Lagrange-Punkt L2 (siehe diese Videoanimation), wo es sowohl der Sonne als auch der Erde immer die Rückseite zuwenden kann, um sich vor der Strahlung unseres Sterns zu schützen.
Nachdem diese Entscheidung getroffen war, planten die Ingenieure alle Schritte der Reise des Teleskops von der Erde zum Punkt L2. Diese sollte 30 Tage dauern. Die erste Phase war der Start mithilfe der Trägerrakete Ariane 5, die das Teleskop in den Weltraum beförderte. Nach 26 Minuten löste sich dieses und entfaltete seine Solarpaneele, mit denen es Strom erzeugen konnte, um sich im Weltraum fortbewegen und seine Flugbahn anpassen zu können. In der ersten Woche begann dann ein sehr wichtiger Schritt: die Entfaltung des Hitzeschildes. Danach folgte eine ganze Reihe weiterer Ausklappvorgänge verschiedener Module des Teleskops. Schliesslich, nach einem Monat, war die Reise zu Ende und das Teleskop befand sich in einer sehr engen Umlaufbahn um den Lagrange-Punkt L2, in der es nun mit Hilfe von gelegentlichen Korrekturen bleiben wird. Es sollte aber noch fünf Monate bis zu den ersten Bildern vom Universum dauern, während denen das Teleskop stark abgekühlt wurde und die Wissenschaftler die Kalibrierung der wissenschaftlichen Instrumente abschlossen [2]. Für die Kalibrierungen wurde über einen Hochfrequenz-Radiosender mit dem Teleskop kommuniziert, dessen Wellen auf der Erde durch das riesige Radioantennennetzwerk der NASA aufgefangen wurden [6].