Der Boden ist vollgestopft mit Leben. Besonders dicht bevölkert ist der Bereich um die Pflanzenwurzeln. Hier findet der Stoffaustausch der Pflanzen mit dem Boden statt. Der Basar lockt aber nicht nur Handelspartner an, sondern auch finstere Gestalten, die sich an den Wurzeln gütlich tun und Schaden anrichten. Dass die Wurzeln ihre Arbeit in dieser hart umkämpften Zone ungestört verrichten können, verdanken sie dem ausgeklügelten Sicherheitskonzept der Pflanzen: Bodyguards beschützen die Wurzeln vor Übergriffen und Ausbeutung. Neben Mykorrhiza-Pilzen und Nematoden gehören dazu vor allem Bakterien. Die Pflanzen lassen sich diesen Schutz etwas kosten: Etwa 10 Prozent der energiereichen Stoffe wie Kohlenhydrate oder Aminosäuren, die bei der Fotosynthese in den Blättern produziert werden, sind Lohnkosten für die winzigen Helfer.
Klein, aber oho
Was den Bakterien an Grösse fehlt, machen sie durch ihre Anzahl wieder wett: So können in einem Gramm fruchtbarem Boden bis zu zehn Milliarden dieser einzelligen Organismen vorkommen – und damit mehr als Menschen auf der Erde leben. Bis zu 100 Bakterien-Arten wurden mit Hilfe von Erbgutanalysen auf kleinsten Wurzelstückchen nachgewiesen. Die Elitetruppe beim Schutz der Pflanzenwurzeln vor schädlichen Organismen ist die Bakteriengruppe der Pseudomonaden, wie die Forschungsgruppen um Monika Maurhofer von der ETH Zürich und Christoph Keel von der Universität Lausanne in den vergangenen Jahren zeigen konnten. Die verschiedenen Pflanzenarten und -sorten verfügen über spezifische Bakterien-Schutzschilder, die einen Cocktail aus giftigen Substanzen produzieren, die gegen schädliche Pilze und sogar gegen Insekten wirken. "Bakterien spielen eine viel grössere Rolle für die Pflanzengesundheit als bisher angenommen", sagt Monika Maurhofer. Die Bakterien unterdrücken nicht nur ganz direkt Krankheitserreger und Fressfeinde; sie regen auch die Verteidigungsmechanismen der Pflanzen gegen bestimmte Krankheiten an. Zudem fördern Bakterien das Pflanzenwachstum, indem sie einen wichtigen Beitrag zum Abbau von Pflanzenresten im und auf dem Boden leisten. Sie sind allgegenwärtig und verfügen über ein breites Spektrum an chemischen Hilfsstoffen für die Aufspaltung des organischen Materials. Es gibt fast nichts, was sie zur Energiegewinnung nicht zersetzen können. Die Endprodukte sind neue Nahrung für die Pflanzen: Mineralstoffe, Wasser und Kohlendioxid.
Neue Perspektiven für umweltfreundliche Schädlingskontrolle
Die laufenden Untersuchungen von Monika Maurhofer und Christoph Keel zum Beziehungsgefüge zwischen Pseudomonaden und Nutzpflanzen haben einen engen Praxisbezug. Die Landwirtschaft ist nämlich den Krankheitserregern, die tief im Boden lauern, fast hilflos ausgeliefert. Oberirdisch verteilte Pflanzenschutzmittel wirken in der Tiefe nicht. Das Schutzpotenzial der Pseudomonaden eröffnet hier völlig neue Perspektiven der Schädlingskontrolle. Im Zentrum der Forschungsaktivitäten im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms 68 "Ressource Boden" steht die Frage, welche Anbaumethoden die Elitetruppe im Boden optimal unterstützen und welche ihre Kampfbereitschaft schwächen. Eine Förderung oder gezielte Ausbringung der Bakterien im Boden könnte ein wichtiger Beitrag zur sicheren und umweltfreundlichen Nahrungsmittelproduktion sein.