Üblicherweise wird das Kristallwachstum für die Aufnahmen mit dem Tunnelmikroskop unterbrochen, der Wafer mit der frisch gewachsenen Schicht wird abgekühlt und zum Tunnelmikroskop gebracht. So erhält man zwar Bilder der fertigen Schicht, doch das Geschehen während des Wachstums bleibt im Verborgenen. Mit diesem Versuchsaufbau ist es dagegen möglich, die Schicht ohne Unterbrechung im Wachstum zu beobachten. Die Spitze tastet noch während des Aufdampfens die Oberfläche ab.
Das Ergebnis sind Bildsequenzen, die sich zu Filmen zusammenfassen lassen und das Schichtwachstum vom Anfang bis zum Ende lückenlos dokumentieren. Damit lässt sich bis ins Detail verfolgen, wie sich die Schicht ausbildet. Diese speziellen Experimente kann man als „in-vivo“-Rastertunnelmikroskopie bezeichnen, weil ein wachsender Kristall, obgleich er eigentlich unbelebt ist, im Wachstum einen sehr lebendigen Eindruck hinterlässt.
Was bringt diese spezielle Mikroskopietechnik?
Je kleiner elektronische Bauelemente sind, desto empfindlicher sind sie gegenüber Unregelmäßigkeiten in den Kristallschichten. Ein einziger, winzig kleiner Defekt kann ein Bauelement völlig unbrauchbar machen. Deshalb muss das Ergebnis der Schichtherstellung in Abhängigkeit der Wachstumsbedingungen wie Aufdampfrate und Probentemperatur sorgfältig überprüft werden. Hierzu sind Verfahren nötig, mit denen die Morphologie der Schicht möglichst exakt untersucht werden kann. Noch besser ist es, wenn das bereits möglich ist, während die Schicht noch wächst. Das wird besonders wichtig, wenn man herausbekommen möchte, ob und auf welche Weise sich beispielsweise glatte oder rauhe Schichten ausbilden.
Um das Wachstum von Halbleiterschichten für die Herstellung von Bauelementen nutzen zu können, muss genau bekannt sein, unter welchen Bedingungen die gewünschten Strukturen entstehen. Ein ideales Werkzeug zur Beobachtung des Schichtwachstums ist dieses „in-vivo“-Rastertunnelmikroskop.
Quelle: BASF