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Schmetterling an Blut

Auch manche hübschen Schmetterlinge ernähren sich von Blut. Bild: Túrelio/Wikimedia Commons, CC-Lizenz

Wer im Sommer am See grilliert, oder auch nur friedlich bei offenem Fenster schläft, wird oft von Stechmücken belästigt. Sie summen uns um den Kopf herum und treiben uns in den Wahnsinn. Wenn das Summen endlich aufhört, wissen wir: Jetzt setzt sie an und saugt sich satt. Doch wozu brauchen Mücken unser Blut? Wieso jucken die Stiche danach tagelang? Und welche anderen Arten von Blutsaugern gibt es noch?

Blutegel beim Frühstück

Blutegel beim Frühstück. Bild: GlebK/Wikimedia Commons, CC-Lizenz

Wieso Blut fressen?

Die Nährstoffe, die Menschen und Tiere mit der Nahrung über den Verdauungsvorgang aufnehmen, werden über das Blut an alle Körperregionen verteilt. Blutfresser (sogenannte Hämatophagen) machen sich das Leben leicht und zapfen direkt da an – beim Blut anderer Lebewesen. Dadurch erhalten sie einen fixfertigen Nährstoffcocktail und können ihren eigenen Verdauungstrakt stark verkleinern. Das ist vor allem für Flugtiere sehr praktisch. Nach der Aufnahme müssen sie das Blut nur noch entwässern und erhalten einen Nahrungsbrei, der alle wichtigen Proteine, Mineralien und Vitamine enthält.

Diese Lebensweise ist aber auch gefährlich. Obwohl die unfreiwilligen Blutspender, auch Wirte genannt, durch das Blutsaugen meist keine langfristigen Schäden erleiden, sind Parasiten nicht willkommen und werden nach Möglichkeit abgeschüttelt oder gar eliminiert. Die verschiedenen Blutsauger begegnen solchen Problemen bei der Nahrungsbeschaffung mit unterschiedlichen Taktiken.

Stechmücke auf frischer Tat ertappt

Stechmücke auf frischer Tat ertappt. Bild: JJ Harrison/Wikimedia Commons, CC-Lizenz

Lokale Betäubung – Den Wirt ruhigstellen

Blutsauger fressen selten und dafür sehr viel auf einmal. Je nach Tierart können sie bei einer einzigen Mahlzeit das Ein- bis Fünffache ihres eigenen Körpergewichts an Blut aufnehmen. Allerdings hat dies den Nachteil, dass das derart vollgefressene Tier sich nicht mehr so schnell bewegen, geschweige denn davonfliegen, kann. Um zu verhindern, vom Wirt beim Anzapfen bemerkt zu werden und selbst zur Beute zu werden, verwenden daher viele Blutsauger schmerzstillende und betäubende Substanzen. Diese Stoffe befinden sich im Speichel der Blutsauger und werden in die Wunde des Opfers übertragen. Damit das Blut nach dem Stich nicht gerinnt und stetig weiterfliesst, wird auch etwas Blutverdünner beigegeben. Diese Stoffe sind übrigens dafür verantwortlich, dass Mückenstiche jucken. Unser Körper erkennt die fremden Proteine aus dem Speichel der Tiere und löst eine allergische Reaktion aus.

Optionales Blutsaugen – Risiko minimieren

Nur wenige Blutsauger ernähren sich ausschliesslich von Blut (sogenannte Ektoparasiten). Die meisten Tierarten können auch pflanzliche Nahrung, wie Nektar oder Früchte verwerten. Nur in speziellen Situationen werden sie zu Hämatophagen. Stechmücken, zum Beispiel, benötigen Blutmahlzeiten nur während der Eireifung. Sie holen sich so die für die Bildung der Eier nötigen Proteine. Folglich sind es auch nur die weiblichen Stechmücken, die Blut trinken und für uns Menschen lästig werden.

Auch Vampirfinken kommen in der Regel ohne Blut aus und ernähren sich von Samen und Kernen. Gibt es aber wetterbedingt nicht genug Futter, verwandeln sich die friedlichen Vögel in kleine Vampire. Mit dem Schnabel picken sie anderen Vögeln die Haut zwischen den Federn auf. Dabei verletzen sie ihren Wirt immer genau so fest, dass genug Blut fliesst, der Wirt aber nicht zu sehr gestört wird.

Vampirfledermaus

Vampirfledermaus – Draculas Haustiere. Bild: Oasalehm/Wikimedia Commons, CC-Lizenz

Blutspende – Hilfe für die Schwachen

Vampirfledermäuse leben in Gruppen und haben eine soziale Lösung für allfällige Schwierigkeiten auf der Jagd gefunden. Tiere, die auf der Jagd erfolglos bleiben, werden von gesättigten Tieren mit heraufgewürgten Blutgerinnseln gefüttert.

Mundwerkzeuge

Blutfresser brauchen geeignete Werkzeuge, um an ihre Nahrungsquelle heranzukommen. Dabei gibt es eine Vielfalt an Mundwerkzeugen – von Schnäbeln über Stechrüssel zu bezahnten Saugmündern. Die Wichtigsten sind im Folgenden kurz vorgestellt.

Stechrüssel einer Mücke, Saugmund eines Blutegels und Gebiss einer Vampirfledermaus. Bilder: Franziska Steinberger

Stechrüssel

Beispiele: Stechmücke, Zecke, Milben

Das Mundwerkzeug der Mücke erinnert an eine Spritze. Die verschiedenen Teile des Stechrüssels sind hier zur Übersicht farbig und aufgefächert dargestellt. Normalerweise werden sie in einem Bündel zusammengehalten. Mit vier Stechborsten kann die Mücke die Haut des Opfers durchdringen. Durch einen Kanal wird das Blut heraufgeleitet und durch einen weiteren Kanal Speichel mit der betäubenden Substanz und Blutverdünner ins Blut gegeben. Achtung: Obwohl man von Zeckenbissen spricht, stechen Zecken ebenfalls mit einem ähnlichen Stechrüssel.

Bezahnter Saugmund

Beispiele: Blutegel, Neunauge

Blutegel besitzen einen Saugmund mit drei Kieferplatten, die mit feinen Zähnen bestückt sind. Sie saugen sich an ihrer Beute fest und sägen mit den Zähnen deren Haut an. Danach saugen sie während etwa einer halben Stunde Blut auf. Auch die Neunaugen (uralte, fischähnliche Wasserlebewesen) besitzen einen Saugmund. Dieser ist mit mehreren Reihen kleiner Zähne besetzt, mit denen Neunaugen die Haut ihrer Opfer aufraspeln, um ans Blut zu kommen.

Zähne, Sägen oder Schnabel und Zunge

Beispiele: Vampirfledermaus, Vampirfink, ein paar Käfer und Schmetterlinge

Die Vampirfledermaus beisst mit ihren spitzen Vampirzähnen ein Loch in die Haut ihrer Beute. Das herausfliessende Blut leckt sie mit ihrer Zunge auf. Ähnlich sägen oder hacken auch andere Tiere erst ein Loch in die Haut ihrer Opfer, um dann das Blut aufzulecken. Einige Arten, insbesondere Schmetterlinge, können nicht selbst eine Haut durchbohren und sind auf bereits verletzte Tiere mit einer offenen Wunde angewiesen.

Krankheitsübertragung

Obwohl die eigentlichen Stiche oder Bisse von Blutsaugern meist vollkommen harmlos sind, können dabei gefährliche Krankheiten übertragen werden. Es handelt sich dabei meist um Bakterien oder Viren, die durch die Blutsauger von einem Wirt auf den anderen übertragen werden. Das wohl berühmteste Beispiel ist Malaria, eine Krankheit, die durch tropische Stechmücken verbreitet wird und jährlich immer noch zu einer halben Million Todesfällen führt. Zwei schwerwiegende Krankheiten, die von Zecken in unseren Breiten übertragen werden, sind Borreliose  – eine Erkrankung mit sehr vielfältigen  Symptomen – und Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), die zu einer Infektion des Gehirns führen kann.

Blutrünstige Menschen

Auch Menschen nehmen Blut zu sich, schon seit langer Zeit: Die Azteken opferten den Göttern Blut und tranken es während der Zeremonien, Inuit ergänzten ihre karge Nahrung mit wichtigen Proteinen und Vitaminen aus Seehund- und Walrossblut und in Europa essen wir Blutwürste oder grillieren besonders blutige Steaks. In diesem Rahmen erscheint uns das „Blutsaugen“ ganz natürlich, während die blutsaugenden Tiere unter einem schlechten Ruf leiden. Dabei wurden Furcht und Ekel vor Blutsaugern durch Mythen und Erzählungen über Vampire hervorgerufen. Aber allen negativen Gefühlen zum Trotz: Es ist vor allem faszinierend, wie vielfältig die Strategien der Tiere ausfallen, um an diesen ganz besonderen Saft zu kommen.

Erstellt: 02.11.2017
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