Zellen & Moleküle

Essig – eine saure Flüssigkeit mit grossem Nutzen

„Aceto balsamico“ wird ein dunkler norditalienischer Essig genannt, der aus eingekochtem Traubensaft gemacht wird und einen aromatischen süsssauren Geschmack aufweist. Bild: marco mayer/Shutterstock.com

Die Kaffeemaschine entkalken, Bakterien töten und natürlich Salatsaucen herstellen: Das alles und noch viel mehr kann man mit einer Flüssigkeit, die schon unsere Vorfahren kannten: Essig! Doch was genau ist Essig eigentlich?

Zuerst war der Alkohol, dann der Essig

Bereits in der Frühzeit stellten Menschen Essig her. Doch eigentlich gibt es Essig schon länger, als es Menschen gibt. Die saure Flüssigkeit entsteht nämlich aus Alkohol, und dieser ist in der Natur in Form von vergorenen Früchten reichlich vorhanden. Auch unsere Vorfahren entdeckten, dass Bier und Wein, die zu lange offen an der Luft standen, „sauer“ wurden. Bald schon begannen sie die Eigenschaften des entstandenen Essigs zu schätzen.

Essigsäurebakterien als kleine Arbeiter

Damit Essig entsteht, braucht es neben Alkohol und Luft auch noch kleine Helfer: Bakterien. Die winzigen Lebewesen sind überall und machen aus Alkohol Essig. Sie „essen“ (man sagt: oxidieren) den Alkohol, und zurück bleibt Essigsäure. Eine wichtige Voraussetzung für diesen Vorgang ist Luft, denn genau wie wir benötigen die Bakterien Sauerstoff zum Leben und Arbeiten. Auch können nicht alle Bakterien aus Alkohol Essig machen, sondern nur die „Essigsäurebakterien“. Entdeckt wurden diese Mikroorganismen im 19. Jahrhundert von Louis Pasteur, nach dem das „Pasteurisieren“ benannt wurde.

Louis Pasteur und die Essigmutter

So sieht eine Essigmutter aus. Bild: Zinnmann/Wikimedia Commons, CC-Lizenz.

Louis Pasteur untersuchte nämlich die „Essigmutter“. So wird eine dünne Schicht genannt, die sich wie eine Haut an der Oberfläche einer alkoholhaltigen Flüssigkeit bildet, wenn diese lange an der Luft steht und zu Essig wird. Wie Louis Pasteur herausfand, besteht die Essigmutter aus vielen Essigsäurebakterien, die zusammen eine glibberige Masse bilden. Die Bakterien befinden sich an der Flüssigkeitsoberfläche, da sie dort sowohl den Sauerstoff aus der Luft als auch den Alkohol aus der Flüssigkeit zur Verfügung haben und ungehindert Essig produzieren können.

Kochzutat, Putzmittel und Medizin

Herstellen lässt sich Essig aus allem Möglichen, wie Most, Pflaumen, Honig und sogar Molke. Wichtig ist, dass sich der Ausgangsstoff zu Alkohol vergären lässt. Dazu dienen Freunde der Essigsäurebakterien: die Hefen. Die entstehenden Essige sind so vielfältig wie ihre Inhaltsstoffe. Als Würzmittel  und Kochzutat ist Essig aus der Küche nicht wegzudenken. Zum Putzen lässt sich Essig ebenfalls verwenden, denn die Säure löst Kalk und andere Verbindungen auf. Ausserdem besitzt Essig eine desinfizierende Wirkung, denn viele Bakterien und Pilze mögen die Säure nicht. Apfelessig wird insbesondere in der Naturheilkunde angewendet, um den Körper zu entschlacken und Akne und andere Hautkrankheiten zu behandeln.

Wie können wir die Essigsäurebakterien für uns arbeiten lassen?

Für uns Menschen gibt es verschiedene Möglichkeiten, Essig von den Bakterien herstellen zu lassen. Die älteste davon wird „Orléan-Verfahren“ genannt: Eine alkoholische Flüssigkeit in einem offenen Kessel wird mit Essigsäurebakterien (zum Beispiel einem Teil einer älteren Essigmutter) „infiziert“ und sich selbst überlassen. Mit der Zeit bildet sich Essig, dies kann aber ganz schön lange dauern. Beim „Rundpumpverfahren“ geht die Essigbildung schneller. Dabei rieselt der Alkohol über Holzspäne oder Keramikscherben, auf denen die Bakterien angesiedelt sind. Von unten bekommen die kleinen Helfer ständig Frischluft und können so Essig produzieren. Die modernste Methode ist das „Submersverfahren“: Die Bakterien schwimmen in der alkoholischen Flüssigkeit, in die ständig Luft hineingeblasen wird, so dass die Bakterien bei ihrem „Tauchgang“ trotzdem genügend Sauerstoff für die Essigherstellung haben. Mittlerweile kann man Essigsäure auch ohne Bakterienhilfe chemisch produzieren. Jedoch schmeckt dieser synthetische Essig einfach nur sauer.

Erstellt: 06.02.2013
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